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von seiner Gnade oder seinem Fluche das Glück für Zeit und Ewigkeit
abhänge, und die besseren Papste, die seht unter kaiserlichem Einflüsse den
römischen Stuhl bestiegen, strebten nun darnach, die dringend nothwendige
Abstellung der Sittenlosigkeit unter dem gesummten Clerus zu betreiben, aber
auch die Hierarchie im Sinne der psetidoisidorischen Decretalen von der welt¬
lichen Macht unabhängig zu machen. Die eigentliche Seele dieser Bestre¬
bungen war der Benediktiner von Clugni, Hilde brand, der unter der
Regierung der Papste Leo IX., Victor II., Stephan IX., Nicolaus 11.
und Alexander II. (1049—1075), die Angelegenheiten Roms und der
Hierarchie nicht mit offener Gewalt, wie die toscanische Partei, sondern mit
der Klugheit eines Mannes leitete, dessen Geist alle Zeitgenossen überragte.
Duldete auch Heinrich III. in keiner Weise einen geistlichen Eingriff in die
Rechte seiner Krone, so förderten doch manche andere Umstände jene Be¬
strebungen der Hierarchie im Stillen, namentlich erhob sich in Unter-Italien
eine Macht, deren sich die Päpste bald gegen den Kaiser bedienten. Diese
Macht boc sich ihnen in den Normannen dar, die sich zum Christenthume
bekehrt hatten. Unter ihnen herrschte noch die Neigung zu ritterlichen
Abenteuern und kühnen Seefahrten, doch hegten sie auch eine große Ehr¬
furcht gegen den Papst und Clerus. Einige edle Männer von ihnen kamen
im I. 1017 als Pilgrime zu dem Grabe des h. Michael's nach Unter-
Italien, landeten in Salerno und wurden von den dasigen Fürsten, die von
den seeräuberischen Arabern viel zu leiden hatten, aufgefordert, gegen diese
Barbaren einige Feldzüge mitzumachen. Ihre Tapferkeit half Siege er¬
kämpfen und große Beute war ihr Lohn. Da riefen sie mehre Ihrer Lands¬
leute zu sich und erhielten von dem Herzoge Sergius von Neapel, der
vertrieben drei Jahre heimathlos herumirrte und mit ihrem Beistände sein
Land wieder eroberte, ein kleines Gebiet unweit Neapel, wo sie das Schloß
und die Stadt Aversa baueten. Die Nachricht von dem Glücke dieser
Abenteuerer verbreitete sich bald in der Normandie, und noch größere Schaaren
von Normannen zogen nun in das schöne Land, wo ein üppiger Boden
unter mildem Himmel alle Früchte des Südens reichlich bot. Im I. 1038
kamen die tapferen Söhne des normännischen Grafen Tankred mit großem
Gefolge nach Unter-Italien und halfen den Griechen die Araber auf der Insel
Sicilien bekriegen; als sie aber bei der Vertheilung der Beute betrogen
wurden, rächten sie sich dadurch, daß sie die griechischen Städte daselbst für
sich eroberten. Leo IX. schleuderte vergebens Bannflüche über sie; darauf
zog er mit einem Heere von kaiserlichen und italienischen Söldnern gegen
sie, um sie mit gewaffneter Hand aus dem Lande zu jagen. Sein Heer
wurde jedoch geschlagen, er selbst gefangen genommen. Erstaunen und
Bewunderung erfüllte ihn aber, als sich die Sieger ehrfurchtsvoll ihm na-
heten, die Füße küßten und ihn dann, ohne Lösegeld zu nehmen, bis an
die Gränze zurückführten. Sogleich erblickte der Papst in diesen Leuten,
die einen so knechtischen Sinn gegen ihn, als Oberhaupt der Kirche, zu