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Heinrich erschrak bis in's Innerste, nahm die Hostie nicht, sondern be¬
kannte seine Schuld. Da erhielt er die Absolution unter der Bedingung,
daß er sich aller königlichen Gewalt enthalten wolle, bis der Papst und die
deutschen Fürsten würden entschieden haben, ob er König bleiben solle.
Ganz zerknirscht und in sich vernichtet ging Heinrich IV. von dannen.
In mehren italienischen Städten, durch die er zog, begegnete man ihm mit
Verachtung, weil er die Königswürde mit solcher Schmach befleckt hatte.
Die Verachtung hatte er verdient. Die Bischöfe von Bologna und Parma
und die Stadt Pavia machten ihm aber wieder Muth, so daß das Rache-
gefühl in ihm aufloderte und er mit einem Heere Gregor's Reise nach
Deutschland verhinderte. Als er aber hörte, daß die deutschen Fürsten den
Herzog Rudolf von Schwaben zum Könige erwählt hatten, eilte er
zurück nach Deutschland, gewann die Bürger in den schwäbischen Städten
für sich, entsetzte seinen Gegner Rudolf der Herzogswürde, vergab
Schwaben an Friedrich von Hohenstaufen, dem er auch seine Tochter-
vermählte, und zog mit einem wohlgerüsteten Heere auf seine Feinde los.
Auf seiner Seite standen in Deutschland die Baiern und Franken, die
Schwaben aber hielten noch zu Rudolf, den auch die Sachsen und
Thüringer unterstützten. So begann nun ein blutiger Bürgerkrieg, in
welchem der Sieg lange unentschieden blieb. Jetzt gerieth aber auch Gregor
in das Schwanken; als ein schlauer Priester hielt er es für geeignet, seine
Entscheidung für Rudolf oder Heinrich zurückzuhalten. So bestimmt
und kühn auch seine früheren Erklärungen gegen Heinrich waren, so sehr
auch die Partei Rudolf's für ihn arbeitete und ihm über sein Zögern
Vorwürfe machte, — jetzt wollte er doch erst sehen, auf wessen Seite der
Sieg sich neigen möchte. Als er aber darauf hörte, daß Heinrich bei
Fladenheim völlig besiegt sei, da erklärte er sich für Rudolf, schleuderte
abermals den Bann über Heinrich IV., bestätigte die Wahl Rudolf's
und schickte demselben eine Krone mit den Worten: „Lasset, heilige Apostel,
Peter und Paul, lasset die ganze Welt sehen, daß ihr im Himmel bindet
und löset, aber auch auf Erden Königreich und Fürstenthum nehmen und
geben könnt. Schon oft habt ihr Bischöfe und Patriarchelt ihrer Würden
beraubt, um sie Rechtschaffeneren zu verleihen. Könnt ihr also die Engel,
welche über die stolzen Fürsten zu herrschen bestimmt sind, richten, wie vül
mehr seid ihr Richter über die Knechte derselben." Dagegen versammelte
Heinrich in Mainz und Brixen wieder mehre Bischöfe, die ihni ergeben
waren, entsetzte den Papst auf's Neue seiner Würde, als einen gottlosen
Ketzer, einen Zauberer und Friedensstörer, und wählte an seiner Stelle
den Erzbischof von Ravenna unter dem Namen Clemens III. Sodann
zog er verstärkt durch ein lothringisches Herr, das der tapfere Herzog
Gottfried von Bouillon anführte, gegen Rudolf von Schwaben.
Bei Merseburg an der Saale kam es zur Schlacht, der Sieg war schon
auf der Seite der Feinde, alsGoltsried von Bouillon auf den Herzog