Full text: Neuere Geschichte (Theil 3)

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Kuppel der Peterskirche, die er gebaut hat. Er hielt sich meist ent¬ 
weder zu Florenz oder zu Rom auf und starb in dieser Stadt 00 
Jahre alt. Der Papst Pius IV. ließ ihn mit großem Pompe begra¬ 
ben, der Herzog Cosmus von Medicis aber ließ die Leiche heimlich 
rauben und nach Florenz bringen, wo sie in der heiligen Kreuzkirche 
beigesetzt wurde. 
Der dritte und zugleich der größte Maler aller Zeiten war Rafael 
Sanzio, von Urbino im römischen Gebiete gebürtig; ein außerordent¬ 
licher Geist mit einer liebevollen Seele, die Alles in verklärtem Lichte sah, 
und eben so verklärt, geist- und liebevoll darstellte. Er lebte nur 37 Jahre 
lang, vom Jahre 1483 bis 1520, meist zu Rom, geliebt und hochgeachtet 
von den Päpsten Julius II. und Leo X., verehrt von allem Volke. 
Wenn man eine Reihe von Zimmern und Gallerien im Vatican zu Rom 
durchwandert, wo überall Wandgemälde von ihm zu sehen sind, und dann 
in Kirchen und Kapellen Frescobilder, Madonnen und Heilige, die er 
gemalt, und die noch vorhandenen Cartons seiner Handzeichnungen betrachtet, 
so erstaunt man über seine Thätigkeit. Dabei war er so bescheiden, wie 
kaum ein Künstler es gewesen ist, wie u. A. aus einem Briefe erhellt, 
den wir hier beifügen, weil er in die Seele dieses liebenswürdigen Men¬ 
schen blicken läßt: 
Ein Brief Rafael's an den Grafen Balthasar Castiglione. 
Herr Graf! Ich habe über die Aufgaben Ew. Herrlichkeit Zeich¬ 
nungen aüf verschiedene Weise entworfen, und ich thue Allen genug, wenn 
nicht Alle Schmeichler sind. Aber dem eignen Urtheil genüge ich nicht, 
weil ich fürchte, dem Ihrigen eben so wenig zu genügen. Ich übersende 
sie mit der Bitte, eine davon auszuwählen, wenn Sie eine Ihrer würdig 
erachten. Unser Herr, indem er mich ehrt, hat mir eine große Last auf 
die Schultern gelegt, die Sorge für den Bau von St. Peter. Ich hoffe 
mich nicht darunter zu begraben, zumal das Modell, das ich davon machte, 
Sr. Herrlichkeit gefällt und von vielen schönen Geistern gelobt wird; aber 
mit noch höheren Gedanken gehe ich um. Könnte ich die schönen Formen 
der antiken Gebäude wieder finden! Ich weiß nicht, ob es der Flug des 
Jcarus sein wird. Großes Licht gibt mir Vitruv, doch nicht so viel, als 
nothig ist. 
In Bezug auf die Galathea würde ich mich für einen großen Meister 
halten, wenn nur die Hälfte des Schönen darin wäre, was Ew. Herrlich¬ 
keit mir schreibt, aber in Ihren Worten erkenne ich die Liebe, die Sie 
zu mir tragen, und ich sage es mit dem Wunsche, daß Ew. Herrlichkeit 
sich selbst hier befänden, um mir das Bessere auszuwählen. Bei dieser 
Noch an guten Richtern und schönen Frauen, helfe ich mir mit einer 
gewissen Idee, wie sie mir in den Sinn kommt. Ob diese das Rechte in
	        
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