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schichtsforschung und Rechtsg'elehrsamkeit, mit welchem sich die
Gelehrten beschäftigten. Den ersten Preis unter ihnen verdienen die Führer
der Reformation in allen Landern, welche sich der evangelisch-protestanti¬
schen Kirche zuwendeten. Jene Männer sind schon in den ersten beiden
Abschnitten dieser Periode erwähnt worden. Sodann aber verdient eine
ganz besondere Auszeichnung der große Nicolaus Köpernicus aus Thorn
in Preußen (v. I. 1473—1 543), der in Rom studirte und schon in Ita¬
lien seine großen astronomischen Entdeckungen machte, die er aber erst kurz
vor seinem Tode in Königsberg, wohin er zurückgekehrt war und wo er als
Canonicus lebte, der Welt mittheilte. Er bewies, was er lehrte, mit sicheren
Gründen: daß nicht, wie man bisher glaubte, die Erde im Mittel¬
punkte unseres Planetensystemes steht, sondern daß sich unsere Erde mit
den übrigen Planeten in abgemessenen Entfernungen regelmäßig um die
Sonne dreht.
So sollte nach Gottes Rathschluß im sechszehnten Jahrhunderte zu allen
großen Erfindungen und Entdeckungen im Gebiete der Kunst und Natur,
im Wissen und Glauben, ja im gesammten menschlichen Leben die Bahn
geöffnet werden, so daß zu gleicher Zeit ein Luther lehrte, ein Rafael
malte, ein Magelhan die Erde umsegelte und Kopernik Stand und
Bewegung des Sonnensystems erklärte. Spanien hat vielleicht durch
Länderentdeckungen, Italien durch seine Kunst die Menschheit dafür ent¬
schädigt, daß sie in der Sache der Reformation hinter den übrigen europäi¬
schen Völkern zurückgeblieben sind. Wir verweisen hier zugleich auf die tie¬
fen Wahrheiten, die der gefeierte Schiller in seinem Gedichte „An die
Künstler" ebenso sinnig als schön ausgesprochen hat.
H. 23. Die Frauen.
In einem Zeitalter, in welchem Kunst und Wissenschaft bei den mei¬
sten Völkern zum Leben neu erwachten und die Sitten milderten, mußte
sich auch das Loos des weiblichen Geschlechtes freundlicher gestalten, wenn
auch der Geist der christlichen Liebe, der durch die Reformatoren in seinem
ganzen Wesen wieder neu erweckt worden war, noch nicht überall die
orientalische Unterordnung der Frauen aufhob. Wo die geläuterten Reli¬
gionsbegriffe noch keine Aufnahme fanden, bewirkte doch die feinere Sitte
und Bildung, wenigstens in den höheren Ständen einen besseren Zustand.
Das war zuvörderst in Italien der Fall, wo vornehme Damen fast ohne
Ausnahme mit aller Anmuth des Umganges auch gelehrte Kenntnisse ver¬
einigten, eben so schöne lateinische und griechische Verse schrieben, als ita¬
lienische, die Laute spielten und sangen, ja sogar feierliche Reden und ge¬
lehrte Disputationen hielten. Daher stieg auch die Verehrung der Frauen
in diesem Lande bis zur Vergötterung. So wurden Giovonna von
Aragonien, aus dem Geblüte der Königin von Neapel und Aragonien,