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den. Als er gebrochen am Leibe, aber noch immer aufrechten Muthes, keine
Rettung sah, ergab er sich, doch einige Stunden darauf, nachdem die Für¬
sten in die Trümmern von Landstuhl eingezogen waren, ereilte ihn der Tod.
So fiel ein tapferer Ritter seiner Zeit, ein Held an Muth und Gesinnung.
Als Luther die Nachricht von Sickingen's Tode hörte, wollte er sie
lange nicht glauben, da sie sich aber bestätigte, sann er tief nach und brach
dann in die Worte aus: „Der Herr ist gerecht, aber wunderbar. Er
will seinem Evangelium nicht mit dem Schwerte helfen!"
Hutten irrte noch als Flüchtling eine Weile umher, verfolgt wie das
Wild des Waldes. Eine Einladung von dem Könige Franz wollte er
nicht annehmen; krank und elend wanderte er nach Basel zu seinem alten
Freunde Erasmus. Dieser aber, selbstsüchtig, und furchtsam wie er war,
verleugnete jetzt den Freund, obschon er Huttens Geist früher hoch geschätzt hatte.
So mußte der Flüchtling, weil ihn der Baseler Rath nicht dulden wollte,
weiter ziehen; endlich fand er bei dem edlen Ulrich Zwingli in Zürich
ein Unterkommen. Hier wurde er zwar mit Sorgfalt und christlicher Liebe
gepflegt, allein der Züricher Rath wies ihn aus Rücksicht gegen den Kaiser
auch aus der Stadt. Zwingli sandte ihn nun zu einem befreundeten
Pfarrer auf der Insel des Zürchersees Usnau, wo er nach kurzen Leiden
im 36. Jahre seines stürmischen Lebens starb. So ging in Erfüllung,
was Hutten einst selbst an Luther schrieb: „Dein Werk, heiliger Mann,
ist aus Gott und wird bleiben; meines ist menschlich und wird untergehen."
§. 6. Fortgang der Reformation.
Während der Kaiser und der Papst in blutige Kriege verwickelt waren,
konnte die Reformation in Deutschland ungehindert fortschreiten. Luther
blieb fast ein Jahr auf der Wartburg, wo er sich mit der Uebersetzung des
Neuen Testaments (einzele Bücher des A. T. hatte er schon früher in die
deutsche Sprache übertragen) beschäftigte. Unterdessen waren aber unter
Doctor Karlstadt's Leitung einige Schwärmer in Wittenberg und in der
Nähe der Stadt hervorgetreten, welche die Reformation der Kirche auf eine
gewaltsame Weise fortsetzen wollten, in den Kirchen die Altäre, Bilder und
heiligen Gefäße zertrümmerten, Mönche und andere Geistliche mißhandelten
und dabei Vorgaben: „sie thäten dies Alles auf Gottes Befehl." Als
Luther dieß hörte, schrieb er an den Kurfürsten, er möge ihm erlauben,
zurückzukehren; ungeachtet ihm diese Erlaubnis nicht gegeben wurde, machte
er sich dennoch auf, und sandte an den Fürsten folgendes Schreiben:
„Aus Liebe zu Ew. Kurf. Gnaden Hab' ich dieß Jahr mich einschließen
lassen; aus Noch aber meines eigenen Gewissens, da bei längerer Nach¬
giebigkeit das Evangelium erniedrigt wird und der Teufel den Platz ein¬
nimmt, wo ich ihm länger auch nur eine Handbreit weiche, muß ich ein
Anderes dazu thun und Hervorbrechen, und wenn's neun Tage eitel Herzog