Full text: Neuere Geschichte (Theil 3)

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George regnete, und jeglicher neunfach wüthender Ware, denn dieser. Jcy 
hab's nicht im Sinn, von Ew. Kurf. Gnaden Schutz zu begehren. Ich 
komme nach Wittenberg in gar viel höheren Schutz, denn des Kurfürsten. 
Dieser Sache soll und kann kein Schwert rächen oder helfen. Gott muß 
hier allein schaffen, ohn alles menschliche Sorgen und Zuthun. Daß nun 
auch Ew. Kurf. Gnaden begehrt zu wissen, was Sie thun solle in dieser 
Sachen, sintemal Sie es achtet, Sie habe viel zu wenig gethan; so ant¬ 
wortete ich unterthäniglich: Ew. Kurf. Gnaden hat schon allzuviel gethan 
und sollte gar nichts thun. Gott will's ihm selbst gelassen haben; da mag 
sich Ew. Kurf. Gnaden nach richten. Dieweil denn ich nicht will Ew. 
Kurf. Gnaden folgen, so ist Sie vor Gott entschuldigt, so ich gefangen oder 
getödtet würde. Vor den Menschen soll Ew. Kurf. Gnaden also sich hal¬ 
ten, nämlich der Obrigkeit, als ein Kurfürst, gehorsam sein, und kaiserliche 
Majestät lassen walten nach Reichesordnung, und ja nicht wehren, noch 
widersetzen, so sie mich sahen oder tobten will: denn das ist Empörung 
wider Gott. Christus hat mich nicht gelehrt, mit eines anderen Schaden 
ein Christ sein. Ich soll und muß jedermann tröstlich und nicht schädlich 
sein. Es ist ein anderer Mann, als Herzog Georg, mit dem ich handle, 
der kennt mich fast wohl und ich kenne ihn nicht übel. Wenn Ew. Kurf. 
Gnaden gläubete, so würde auch sie Gottes Herrlichkeit sehen. Weil Sie 
aber auch nicht glaubt, hat Sie auch noch nichts gesehen. Gott sei Lieb 
und Lob in Ewigkeit. Amen." 
In Wittenberg angelangt, begab er sich sogleich in die Kirche und acht 
Tage hintereinander predigte er gegen die blinden Eiferer und Schwärmer 
also: „Ihr habt eine gute Absicht gehabt, aber in der Art eures Handelns 
habt ihr geirrt, habt gegen Weisheit, Liebe, Demuth und Ord¬ 
nung gesündigt. Statt des edlen Verbesserungseifers, ist wilde, 
lose Neuerungswuth in euch gefahren, und statt der Liebe die 
Gewalt. Man soll aber Niemand handgreiflich und mit Haaren 
von seinen Meinungen abreißen, sondern soll sich begnügen, die Be¬ 
lehrung Gottes zu verkündigen, und nun sein Wort wirken lassen auf die 
Herzen, die frei gelassen werden müssen. Aufgedrungene, aufgezwun¬ 
gene Meinungen machen aus dem Gottesdienst ein Spiegel¬ 
fechten und Affenspiel, aber kein gutes Herz. Folgt mir! Predi¬ 
gen will ich Gottes Wort, schreiben will ich's, sagen will ich's, aber auf¬ 
zwingen, aufdringen handgreiflich und.mit Gewalt will ich's 
Niemand. Ich bin dem Ablaß und allen Papisten entgegen gewesen, 
aber mit keiner Gewalt. Ich habe allein Gottes Wort getrieben, ge¬ 
predigt, geschrieben, sonst habe ich nichts gethan. Das hat, wenn ich 
geschlafen habe, wenn ich Wittenbergisch Bier mit meinem Philipp (Me- 
lanchthon) und Amsdorf getrunken habe, also viel gethan, daß das Papst¬ 
thum also schwach geworden ist, als ihm noch nie kein Fürst, noch Kaiser 
abgebrochen hat. Ich habe nichts gethan. Das göttliche Wort hat
	        
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