Full text: [Teil 2 = (4. und 5. Schuljahr), [Schülerband]] (Teil 2 = (4. und 5. Schuljahr), [Schülerband])

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„Ihre KAussichten für die Zukunft sind ja wahrhaftig glänzend,“ 
meinte der Distelfink. Zu der Kommode aber sagte er leise: „Das scheint 
ja ein furchtbar eingebildeter Kerl zu sein.“ 
„Stimmt!“ sagte die Kommode. 
Nun hüpfte der Distelfink noch zu verschiedenen andern der hölzernen 
Gestalten hin, und sie nannten ihm alle ihre Namen. Da war ein Tisch, 
eine Bank, ein Bett. 
„Ich werde der allerbeste Freund der Menschen sein,“ sagte das Bett. 
„Wenn sie müde sind, so werden sie zu mir kommen, um sich auszuruhen. 
Wenn sie krank sind, so werde ich helfen, sie wieder gesund zu machen. Ja. 
Und wenn sie in der Nacht dann schlafen, so werde ich schöne, bunte Traum— 
bilder aufsteigen lassen, die sie im Schlafe sehen, und über die sie sich 
freuen werden. Ja ja — man kann wohl sagen: ich bin so etwas wie 
ein Zauberpalast.“ 
„So, so!“ sagte der Distelfink. Er betrachtete sich das breite, niedrige, 
hölzerne Gestell mit seinen kurzen, dicken Beinchen, blinzelte und sagte: 
„Eigentlich sehen Sie ja nicht so aus!“ 
Nein,“ sagte das Bett. „Aber man sieht es einem Ding nicht immer 
von außen an, was es in seinem Innern für Schätze birgt.“ — 
Ganz in der Nähe des Bettes stand still und stumm ein kleines Fuß— 
bänkchen. 
Ma,“ — sagte der Distelfink gemütlich und gab ihm einen leichten 
Flügelschlag — „nun sag' du auch mal was. Du siehst mir etwas be— 
trübt aus.“ 
„EAch,“ — sagte das Fußbänkchen — „ich habe so Heimweh.“ 
„heimweh?“ fragte der Distelfink, „o je! Du möchtest wohl gar 
zurück in den Tannenwald?“ 
„Ja. Als ich meine vier Beine angeleimt bekam, da war ich schon so 
froh und dachte: nun läufst du einfach fort. Aber dann ging das nicht. 
Aber weißt du, lieber Distelfink, vielleicht hab' ich das Laufen bloß noch 
nicht richtig gelernt! Du glaubst doch auch, daß ich es noch lerne, nicht 
wahr?“ 
„Ja — ja,“ sagte der Distelfink tröstlich, „du lernst es sicher noch. 
Versuch' es nur recht fleißig, immer!“ 
heimlich bei sich dachte der Distelfink: „Das ist das Stückchen immer— 
grüne Hoffnung, das noch in ihm steckt. Ja — Tannenholz! Es ist nun 
einmal eine ganz besondere Sorte.“ — 
Nun fing der Tisch noch an, von seinen Zukunftsplänen zu erzählen. 
Er redete von Schüsseln und von Tellern, von Kaffeekannen, Kuchenbergen, 
von gebratenen Gänsen und wer weiß, was noch. Das Essen schien für 
ihn die hauptsache zu sein. Und dann sagte er noch, daß er zu ganz 
jungen Leutchen käme, die eben erst hochzeit gemacht hätten, und daß sie 
drei schon vergnügt zusammen sein wollten; denn er werde doch mit die 
hauptperson im hause sein.
	        
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