Full text: Neuere Geschichte (Theil 3)

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//Der bjji.fi standt ist der Menschen auf dem Feld, sizen in den Dörf- 
feru, Höfen, vnd wylern vnd werden genennt Bauwren, darumb daz sie 
das Feld bauwen, vnd das zu der frucht bereiten. Die füren gar ein 
schlecht vnd niedertrechtig leben. Es ist ein jeder von dem andern 
abgeschnitten, vnd lebt für sich selb mit seinem Gesind vnd Vieh. Ire 
Heuser feind schlechte Heuser von kot vnd Holz gemacht, auf das erdtreich 
gesezt, vnd mit stroh gedeckt. Ire speiß ist schwarz rockenbrodt, Haberbrey, 
oder gekocht erbsen mit linsen; Wasser vnd molken ist fast jr trank. Ein 
zwilch gippen, zwen bundschuh vnd ein filzhut ist jr kleidung. Diese leut 
haben nimmer Ruh. Früh vnd spat hangen sie der Arbeit an. Sie tra¬ 
gen in die nechsten stett zu verkaufen, was sie Nutzung überkommen auf 
dem Feld vnd von dem weh, vnd kaufen ein dagegen, was sie bedürfen. 
Dann sie haben keine, oder gar wenig Handwerksleit bei jnen sitzen. Iren 
Herren müssen sie oft durch das jar dinen, das feld bauwen, säen, die 
frucht abschneiden, vnd in die scheuwer führen, holtz hauwen vnd graben 
machen. Do ist nichts, daz das arm Volk nit thun muß, vnd an Verlust 
nit aufschieben darf." 
Zufällig waren die meisten Aufrührer der neuen Lehre zugethan, ob¬ 
wohl es scheint, daß der allgemeine Aufruf zur Glaubensfreiheit von dem 
Landvolke auch als ein Aufruf zur Befreiung von Leibeigenschaft angesehen 
worden ist, ganz so, wie sich früher der deutsche Adel das Evangelium aus¬ 
gelegt hatte. Schon hatten sich die Empörungen im Bambergischen und 
in Schwaben gezeigt, als sie auch gegen den Abt von Reichenau her¬ 
vortraten, weil er die Anstellung evangelischer Prediger verweigerte. An 
diese Empörungen schlossen sich aufrührerische Bewegungen in dem Gebiete 
des Abtes von Kempten und des Bischofs von Augsburg an, denen 
sich immer größere Rotten zugesellten.. Mit außerordentlicher Schnelligkeit 
verbreitete sich der Aufruhr nicht blos unter den Bauern, sondern auch 
unter den Stadtbewohnern im Odenwald und Schwarzwald, im Elsaß 
und der Schweiz, in Schwaben, Franken und Thüringen. Die Bauern 
ließen !2 Artikel ausgehen, in welchen sie sich gegen die eingesetzten Obrig¬ 
keiten erhoben. Mit Ernst und Nachdruck sprach sich Luther gegen die 
Aufrührer aus, doch wies er auch darauf hin, daß die Bedrückungen „von 
Bischöfen, Mönchen und Priestern" veranlaßt worden seien. In dieser 
Beziehung äußerte er: „Niemand auf Erden möge man solchen Aufruhr 
danken, denn euch Herren, sonderlich euch blinden Bischöfen, tollen Pfaffen 
und Mönchen, die ihr noch heutigen Tages verstockt nicht aufhört zu toben 
und zu wüthen wider das heil. Evangelium. Dazu im weltlichen Regiment 
nichts thut, denn daß ihr schindet und schwatzt, eure Pracht und Hochmuth 
zu führen, bis es der arme gemeine Mann nicht kann, noch länger mag 
ertragen. Solche Sicherheit und stolze Vermessenheit wird euch den Hals 
brechen, das werdet ihr sehen. Ihr müßt anders werden und Gotteswort 
weichen. Einem trunkenen Mann soll ein Fuder Heu weichen, wie viel
	        
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