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mehr sollt ihr das Loben und störrige Tyrannei lassen, und mit Vernunft
an den Bauern handeln, als an Trunkenen oder Irrigen. Sie haben 12
Artikel aufgestellt, unter welchen etliche so billig und recht sind, daß sie
euch vor Gott und der Welt den Glimpf nehmen und Psalter 1.07, 40
wahr machen."
Zu den Bauern sprach ec so: „Wer das Schwert nimmt, der soll
durch das Schwert umkommen. Wenn die Obrigkeit böse und unleidlich
ist, dürft ihr nicht Notterei und Aufruhr stiften; ihr seid noch viel ärgere
Räuber als die böse Obrigkeit. Und wenn ihr sprecht, wir wollen ihnen
Leib und Gut lassen, das glaube, wer da wolle, ich nicht. Denn wer so
viel Unrecht wagt, daß er der Obrigkeit die Gewalt nimmt, die ihr von
Gott gegeben, der wird ihr auch das Andere^ so dran hangt, nehmen.
Auch ist es gar nicht gegründet, daß ihr euch rühmet, nach dem Evangelium
zu lehren und zu leben, die Hauptsache ist bei euch nur, Leib und Gut
frei zu haben."
Alle diese Ermahnungen halfen weder auf der einen, noch auf der anderen
Seite, und die Empörung griff immer mehr um sich. Weit und breit
wurden Burgen, Klöster und Abteien geplündert und in Brand gesteckt,
viele Ritter, Frauen und Kinder ermordet. Dabei zwangen die Empörer
manchen Rittersmann, unter anderen den tapferen Götz von Berlichin-
gen*), der als ein Verfechter deutscher Freiheit bekannt war, mit ihnen
*) Götz von B erlichingen war um'S Z. 1480 auf dem Schlosse Jaxthau-
sen geboren und gehörte einem alten würtcmbergischcn Geschlechte an. Sein ganzes
Leben weihte er den Waffen, und wo ein gerechter Streit war, da gesellte er sich
bei. So half er dem Herzoge von Baiern und verlor in diesem Kriege seine rechte
Hand, an deren Statt ihm ein Künstler eine eiserne verfertigte. Bald war der
Ruhm seiner Tapferkeit in ganz Deutschland verbreitet und sein Schwert gefürchtet,
aber auch zugleich seine Redlichkeit und Treue wcrthgehalten von allen Gerechten.
Mit dem Schwäbischen Bunde, der wohl Ordnung und Ruhe im Lande stiftete, aber
auch manches alte Recht verletzte, war er meist in Fehde. Als Dienstmann des
Herzoges Ulrich von Würtemberg gcrieht er in Gefangenschaft, aus welcher
er durch Franz von Sickingen und Georg von Freundsberg befreit
werden mußte. Als der Bauernkrieg begann, wollte er auch nicht ruhen, wartete
aber auf ein Schreiben des Kurfürsten von der Pfalz, weil er hörte, daß dieser
menschenfreundliche Herr gegründete Klagen der Bauernabstellen wolle. Das Schreiben
kam wirklich undfforderte ihn auf zum Kurfürsten zu kommen, der jetzt mit seinen Leu¬
ten nach allen vergeblichen Abmahnungen sich gerüstet hatte, die Bauern mit Ge¬
walt zum Gehorsam zu bringen. Dieses Schreiben war zunächst in die Hände
seiner Gattin und Schwiegermutter gekommen, welche es ihm nicht zeigten, weil sie
nicht haben wollten, daß er wieder in's Feld ziehen sollte. Da gerieth er, als er einst
ausgerittcn war, unter die aufrührerischen Bauern, welche ihn zwangen, ihr Haupt¬
mann zu werden. Doch hätte er selbst bei der drohenden Lebensgefahr nicht einge¬
willigt, wenn er gewußt hatte, wie die Sachen standen, und wie der Kurfürst gesinnt
war. Sobald er aber konnte, verließ er die Aufrührer, deren unritterliche Grausam¬
keit feinem edlen Gcmüthe zuwider war. Nichts desto weniger verurthcilte ihn der