Full text: Neuere Geschichte (Theil 3)

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zu halten, wie ein jeder solches gegen Gott und Kays. Maj. 
hoffet und vertrauet zu verantworten." 
Hiernach blieben die evangelischen Fürsten in Ruhe, denn es dauerte bis 
zum Anfänge des Jahres 1529, ehe Karl die deutsche Religionssache wie¬ 
der aufnehmen konnte. In dieser Zeit sorgten jene dafür, daß sich die junge 
Kirche in zweckmäßiger Weise entwickelte. Dazu half namentlich die von 
Luther empfohlene, im I. >527 begonnene und bis zum I. 1529 dauernde 
Kirchenvisitation. Dabei überwachten sie Alles, was um und neben 
ihnen geschah, mit großer Sorgsamkeit, die sich sogleich in eine rege Tha'tig- 
keit verwandelte, sobald sie irgend Gefahr drohende Schritte erblickten. Dieß 
zeigte sich jetzt, als der Landgraf Philipp durch Otto von Pack plötz¬ 
lich die Nachricht erhielt, daß der König Ferdinand, der Kurfürst-Erz¬ 
bischof Albrecht von Mainz, der Kurfürst Joachim von Brandenburg, 
der Herzog Georg von Sachsen, der Erzbischof Matthäus von Salz¬ 
burg, der Bischof Wigand von Bamberg und der Bischof Conrad von 
Würzburg in Breslau heimlich ein Bündniß zum Ueberfalle der evangelischen 
Fürsten geschloffen hätten. Die Sache kam zur Untersuchung. Es ergab 
sich zwar, daß das Bündniß nicht bestand, daß aber doch, — wie man 
römischer Seits bis auf den heutigen Tag behauptete, — die Anzeige Pack's 
nicht eine reine Erdichtung gewesen war. Wirkliche Gefahren drohten jedoch 
dann, als der Kaiser in Italien eben die Oberhand behalten hatte und seine frühe¬ 
ren Pläne zur weiteren Ausführung wieder aufnahm. Dieß zeigte er schon in 
dem Ausschreiben zu dem neuen Reichstage nach Spei er (März >526). 
Auf diesem Reichstage kam es zum völligen Riffe zwischen den Katho¬ 
liken und Luther's Anhängern, der dadurch nur noch größer wurde, daß 
letzte einen Namen bekamen. Die katholischen Fürsten brachten den Be¬ 
schluß zu Stande: Es solle bei dem Wormser Edicte verbleiben, die Meffe 
beibehalten werden, und die, welche die neue Lehre angenommen hätten, 
sollten sich aller Neuerungen enthalten. Mit diesem Schluffe waren die 
Lutherischgesinnten nicht zufrieden, und legten dagegen eine Protestation 
oder Verwahrung ein, wovon sie den Namen Protestanten erhalten 
haben. 
Die Protestation legten folgende Fürsten ein: der Kurfürst Johann, 
der Landgraf Philipp, der Markgraf Georg von Brandenburg, die 
Herzoge Ernst und Franz von Braunschweig-Lüneburg, der Fürst Wolf- 
gang von Anhalt. Ihnen hatten sich noch die I-l Reichsstädte angeschlossen: 
Straßburg, Nürnberg, Ulm, Costnitz, Lindau, Memmingen, 
Kempten, Nördlingen, Heilbron, Reutlingen, Jßny, St.Gal- 
len, Weißenburg und Windsheim, — also auch Städte, welche sich 
zu der gleichzeitig von Zwingli in der Schweiz bisher verkündigten Lehre 
bekannten. Noch andere Städte, wie Cöln, Frankfurt, Ravensburg 
und Rottweil wollten sich der Protestation anschließen, aber die römischen 
Agenten auf dem Reichstage, namentlich Fab er und Leonhard Eck, 
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