Full text: Geschichte des deutschen Volkes und Landes (Cursus 3, Abth. 1)

85 
den Vater auf, bemächtigten sich seiner und schickten die Stief¬ 
mutter Judith in ein Kloster. Da erbarmte sich Ludwig der 
Deutsche des Vaters, und bewirkte durch seine Verwendung dessen 
Wiedereinsetzung in die Regierung. Auch Judith kehrte an den 
kaiserlichen Hof zurück. 
8) Bald aber trübte sich das Verhältnis Ludwig des From¬ 
men zu seinen Söhnen von neuem. Denn durch die Intriguen 
der herrschenden Hospartei und die Vorliebe des schwachen Kaisers 
für seinen Lieblingssohn Karl geschah es, daß Ludwig dem 
Deutschen das ihm versprochene Alemannien vorenthalten 
wurde, auch Aquitanien dem vorzugsweise gehaßten Pippin 
abgenommen und ebenfalls an Karl den Kahlen übertragen 
werden sollte. Dies vereinigte wieder die 3 altern Brüder zum 
bewaffneten Aufstand gegen den Vater und die ihn beherrschende 
Partei. 
9) Die Heere näherten sich einander auf der Ebene bei Kol- 
mar, die seitdem den Namen Lügenfeld führt, weil hier das 
Heer des Kaisers, während man drei Tage lang unterhandelte, 
zum größern Theil zu den Söhnen überging (833). Der verlassene 
Kaiser begab sich nun selbst in die Gewalt seiner Söhne, und 
wurde von Lothar zu öffentlicher Kirchenbuße und zur Thronent¬ 
sagung gezwungen und darauf in ein Kloster zu Soissons 
gesperrt. 
10) Doch schon im folgenden Jahr- bereuten die beiden jün¬ 
geren Brüder, Pippin und Ludwig, das Verfahren gegen den 
Vater, den sie mit Heeresmacht befreiten und wieder auf den Thron 
erhoben. Lothar wurde nach Italien verwiesen. Der Kaiser ver¬ 
blieb nun einige Jahre im ruhigen Besitze der obersten Gewalt. 
Als er aber nach dem Tode Pippin's (838) mit Uebergehung der 
unmündigen Söhne desselben eine neue Theilung des Reichs zu 
Gunsten Lothar's und Karl's vornahm, so griff der gekränkte 
Ludwig der Deutsche, der bloß Baiern behalten sollte, zu 
den Waffen. Der Vater starb indeß während eines Zuges gegen 
den Sohn auf einer Rheininsel bei Mainz (20. Jan. 840), nachdem 
er gegen Ludwig Verzeihung ausgesprochen und befohlen hatte, 
an Lothar Krone und Scepter zu überbringen. 
>) Anmerk. Ludwig der Fromme, Geschickte der Auslösung des großen 
Frankenreichs von Fr. Funck. 1832. 
§. 47. 
Theilung des Frankenreichs durch die Verträge zu Verdun 843 und zu 
Mersen 870. 
1) Nach dem Tode des Vaters strebte Lothar als Kaiser 
durch List und Gewalt nach alleiniger Herrschaft im Reiche der
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.