Full text: Geschichte des deutschen Volkes und Landes (Cursus 3, Abth. 1)

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Kuh 1 , ein Ochs 2, ein Stier 3 Solidi galt- Das Wergeld für den Mord 
eines freien Mannes war also — dem Werth von 200 Kühen. 
2) An merk. Der Name Ord a le ist die angelsächsische Form für Urtheil. 
Solches Gottesgericht (Del judicium), welches, wo menschliche Mittel nicht 
ausreichten, die Findung des Rechts, der Schuld oder Unschuld, von einem 
göttlichen Wunder erwartete, kommt bei vielen Völkern, bei Indern, Griechen, 
Kelten u. a., vor. Die gewöhnlichen Formen sind: Die Feuerprobe 
geschah durch Einstecken der Hand ins Feuer, durch Tragen eines glühenden 
Eisens oder durch Gehen über glühende Pflugscharen. Bei der Wasser probe 
mußte mit der Hand ein Gegenstand aus dem siedenden Wasser eines Kessels 
herausgeholt werden; oder es wurde der Angeklagte in einen Fluß geworfen, 
wobei Untergehen für die Unschuld, Obeuausschwimmen für die Schuld 
entschied. Beim Genuß der geweihten Hostie erwartete man, daß der 
Schuldige durch Erbrechen erkannt werde. Die Entscheidung durch Zweikampf 
entsprach am meisten dem germanischen Charakter, so daß selbst ganze Stämme 
ihren gegenseitigen Streit bisweilen vom Ausgang eines Einzelkampses ab¬ 
hängig machten. Indessen wurde nach Einführung des Christenthums von 
Seiten des Staates und der Kirche einem so widersinnigen Gerichtsverfahren 
durch Gesetzgebung und Belehrung entgegengewirkt, und hat eine geordnete 
Rechtspflege allmählig die Gewohnheit des Volkes überwunden. 
§. 38. 
Wissenschaftliche Bildung. 
1) Von einer wissenschaftlichen Bildung kann bei den 
Deutschen in einer Zeit, wo ihre geistige Entwickelung überhaupt 
noch auf niedriger Stufe steht, nicht wohl die Rede sein. Doch 
hatten die Deutschen schon vor ihrer Berührung mit den Römern 
eine eigene Buchstabenschrift, Runen genannt. Diese waren 
wohl- ursprünglich geheimnißvolle Zeichen, daher ihr Name (runa 
hängt mit raunen zusammen), und dienten zu religiösen Zwecken, 
zu Losung und Weissagung. Man findet sie indessen auch als 
eigentliche Schriftzeichen zu Inschriften auf Holz, Metall, Stein 
gebraucht auf Denkmälern, die dem dritten bis sechsten Jahrhundert 
angehören. Als die Deutschen den alten Glauben aufgaben und 
sich dem Christenthum zuwandten, verdrängte die römische Schrift 
allmählig die einheimischen Runen, und sind diese als Ueberreste 
des Heidenthums ganz in Vergessenheit gerathen. 
2) Mit der Annahme des Christenthums wurden nicht nur die 
lateinische Schrift unb Sprache, sondern auch die Anfänge einer- 
gelehrten Bildung zu den Deutschen gebracht. Letztere filldet sich 
übrigens im Abendland nur bei Geistlichen und Mönchen. Es 
entstanden zuerst an Bischofssitzen, in Klöstern und Stiftern 
Schulen, wo die jungen Kleriker unterrichtet und zum Kirchendienst 
vorbereitet wurden. Als Gegenstände des Unterrichts galten die 
sogenannten sieben freien Künste (septem artes liberales nach 
den Lehrbüchern des Martianus Cape 11a um 470 und des 
Cassiodorus) mit zwei Abtheilungen, dem Trivium: Gram¬ 
matik, Rhetorik, Dialektik, und Quadrivium: Arithmetik, Geo-
	        
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