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nach genauer mehrjähriger Prüfung ausgenommen werden, daß
diese sich fortwährend wechselseitig beaufsichtigen und beobachten,
und daß alte insgesammt dem General, der, mit vier gewählten
Assistenten an der Seite, von Rom aus das Ganze und Einzelne
leitet, unbedingten Gehorsam schulden, und zwar selbst in Dingen,
die dem einzelnen Untergebenen sündlich erscheinen mögen.
5) Durch solche Organisation und Einrichtungen war es
möglich, daß der neue Orden bald eine außerordentliche Macht
erlangte und eine erstaunliche Wirksamkeit entwickeln konnte. Er
war in kurzer Zeit über alle Länder verbreitet und verpflanzte
seinen Einfluß in alle Kreise der Gesellschaft. Jesuiten leiteten
als Erzieher und Lehrer die Jugend, beherrschten als Prediger und
Beichtväter das Volk und selbst die Cabinette der Fürsten. Zu¬
gleich verstand der Orden, durch mannigfache Gelehrsamkeit vieler
seiner Mitglieder, durch Pflege der Wissenschaft und Kunst sich
Ansehen und Gunst, selbst an protestantischen Höfen, zu ver¬
schaffen.
6) Die Hauptthätigkeit des Ordens war gegen die Refor¬
mation und deren Ausbreitung gerichtet. Daher hat er bald nach
seiner Bestätigung durch den Papst in Deutschland festen Fuß
gefaßt, wo er sich mehrerer Universitäten bemächtigte, zahlreiche
Schulen errichtete, und auf Bildung und Erziehung der Jugend,
namentlich der Söhne aus höheren Ständen, großen Einfluß
gewann. Seine bedeutenderen Collegien waren zu Wien (1552),
Prag, Ingolstadt (1556), Mainz <1560), Würzburg, Freiburg u. s. w.,
insbesondere zu München (1559), der wichtigsten Station der Jesuiten
in Deutschland. Zahlreiche mit kostbarem Schmuck und Zierrathen
überladene Kirchen, die der Orden aufführen ließ, beurkundeten bald
überall die Anwesenheit der Jesuiten und den erstaunlichen Reichthum
seiner Mittel, die dem jungen Orden plötzlich zu Gebote standen.
7) Unstreitig hat der Jesuitenorden die von der Reformation
ausgegangene Entwickelung in einem Theile Europa's aufgehalten,
und ist es ihm gelungen, die Autorität des päpstlichen Stuhles
wieder zu befestigen und sogar zu erweitern. Denn sein Einfluß
hat bewirkt, daß zuerst aus der Kirchenversammlung zu Trient die
Lehre von der päpstlichen Allgewalt zur vollen Geltung kam. Die
Folge hiervon war, daß man dort, anstatt Reformen vorzunehmen,
wie der Kaiser anstrebte und alle besser gesinnten Katholiken
wünschten, in unfruchtbare Erörterungen über dogmatische und
scholastische Lehrsätze sich verlor, die man als ein für allemal fertig
und abgeschlossen hinstellen wollte, um jede fernere Bewegung und
weitere Fortentwickelung in der Kirche fast unmöglich zu machen.
8) Für die Geschicke des deutschen Volkes führte das Auf¬
treten des Jesuitenordens in Deutschland besonders traurige Folgen
herbei. Der mühsam errungene Religionsfriede wurde durch seine