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6) Ferdinand hatte von Frankfurt ans seine Rückreise über
München genommen, wo er mit dem Herzog Maximilian von
Baiern, dem Haupte der katholischen Liga, ein Bündniß schloß;
selbst der lutherische Kurfürst Johann Georg von Sachsen,
der die Ausbreitung des Calvinismus in Böhmen fürchtete,
trat auf Seite des Kaisers, der beiden für die zu leistende Hilfe
gewinnversprechende Zusicherungen gemacht hatte.
7) Maximilian berief die Mitglieder der Liga nach Würz¬
burg, und erhielt von ihnen hinlängliche Gcldunterstützung, um ein
wohlgerüstetes Heer von 25,000 Mann aufzustellen. Auch einen
kriegserfahrenen Führer Tserklas Tilly, Besitzer der Grafsckaft
Til ly in Brabant, hatte er gewonnen. Tilly (geboren 1559),
ebenfalls ein Zögling der Jesuiten und ursprünglich dem geistlichen
Stande bestimmt, hatte die militärische Laufbahn ergriffen, und
sich in den Kriegen in den Niederlanden und in Ungarn be¬
reits zu einem kundigen Führer herangebildet. Mit diesem ligi-
stischen Heere, über das der baierische Herzog die ausschließliche
Leitung hatte, begann Maximilian im Jahre 1620 den ver¬
hängnisvollen Krieg. Er rückte, da es dem Kaiser an hinläng¬
lichen Truppen wie an Geld fehlte, zunächst nach Oberöstreich
vor, unterwarf die dortigen Protestanten, und wandte sich darauf
gen Böhmen. Zugleich besetzte der Kurfürst von Sachsen die
Lausitz, während Spanien, dessen Unterstützung Kaiser Ferdi¬
nand ebenfalls erlangt hatte, den kriegskundigen Feldherrn Spi-
nola mit einem zahlreichen Heere aus den Niederlanden nach der
Unterpfalz entsendete.
Die protestantische Union, von der der neue Böhmenkönig
allein hätte Hilfe erwarten können, zeigte sich unthätig, und schloß
sogar mit den Gegnern zu Ulm einen Vertrag (3. Juli 1620),
den böhmischen Händeln gegenüber ruhig zu bleiben.
8) Friedrich V. zeigte sich der ernsten Ausgabe, die er über¬
nommen hatte, in keiner Weise gewachsen. Eitel und ohne höhere Kraft
des Geistes, hatte er trotz der überall drohenden Gefahren die beste
Zeit, sich zu mannhaftem Widerstande zu rüsten, hingehen lassen.
Auch hatte er durch vielfache Mißgriffe, insbesondere durch neue
Steuern, die der böhmische Adel gern von sich auf den Bür¬
gerstand hinüberwälzte, und durch gewaltthätige Versuche, den refor-
mirten Kultus einzuführen, die Gemüther des böhmischen Volkes
sich entfremdet. Daher geschah es, daß die schlecht gerüsteten
Böhmen, deren Heerbefehl Friedrich nicht an kriegserfahrene
Führer, wie Thurn oder Mansfeld, sondern an einen Jugend-
genosien, Christian von Anhalt, übertragen hatte, von dem
überlegenen ligistisch-kaiserlichen Heere unter Maximilian,
Tilly und Boucquoy in einstündiger Schlacht am weißen
Berge bei Prag, während der junge Böhmenkönig in der Stadt