Full text: Geschichte des deutschen Volkes und Landes (Cursus 3, Abth. 2)

120 
und Rechte, die damals in katholischen oder evangelischen 
Händen gewesen, sollen es auch in Zukunft bleiben oder 
restituirt werden. 
Demgemäß durften Unterthanen, die einer von der ihres 
Landesherrn verschiedenen Confession angehörten, gegen den 
Besitzstand im Normaljahre nicht beschränkt werden. Wo 
aber ein solcher Besitzstand für die Uebung eines öffentlichen 
oder Privatgottesdienstes im Jahre 1624 nicht vorhanden 
war, wurde den Unterthanen nur das unbeschränkte Recht 
zur Auswanderung, aber dem Landesherrn auch die Befug- 
niß, diese zu befehlen, eingeräumt. In solchem Sinne war der 
unduldsame Grundsatz: eujus r6gio ejus religio durch den 
westfälischen Frieden aufgehoben oder vielmehr gemildert worden. 
6. In Bezug auf die staatsrechtlichen Verhältnisse 
wurde die Landeshoheit (das jus territoriale, nach der 
deutschen Ausfertigung die hohe Landesobrigkeit) der 
Reichsstände in einem Umfange jetzt anerkannt, daß ihre 
politische Stellung im Reiche von voller Souveränetät kaum 
noch sehr verschieden war (S. §. 59). Sogar das Recht, 
Bündnisse unter sich und mit Auswärtigen zum Behuf 
„der eigenen Erhaltung und Sicherheit (pro sua conservatione 
et securitate)“ wurde den Reichsständen eingeräumt, nur 
solle es nicht gegen den Kaiser, das Reich und den Land¬ 
frieden sein. Danrit war die Auflösung des aus seinen natür¬ 
lichen Fugen gerissenen Reichs vorgezeichnet. 
e. Noch wurde die Unabhängigkeit der Schweiz und der Nie¬ 
derlande vom deutschen Reich ausdrücklich anerkannt.— 
Schweden und Frankreich übernahmen die Garantie 
dieses Friedens, d. i. sie sprachen sich das Recht zu, je nach 
Maßgabe ihrer Interessen sich in die deutschen Angelegen¬ 
heiten auch künftig einzumischen. — Der Papst aber wider¬ 
sprach gleich anfangs und später wiederholt dem Friedenswerke, 
insofern es dem päpstlichen Stuhle Schaden bringe und 
den Protestanten etwas bewillige. Die päpstlichen Prote¬ 
stationen blieben indeß stets unbeachtet. Denn so groß 
waren die Schwierigkeiten, die man zu überwinden hatte, 
und so entsetzlich die Noch, der man entgehen wollte, daß 
man schließlich dem Friedensinstrumente beifügte: Niemand 
solle durch Wort oder Schrift die geschlossene Einigung 
anfechten, noch jemals Gesetze oder Verträge, namentlich 
Concordate mit Rom, gegen den Inhalt dieses Friedens 
geltend machen dürfen. 
4) Die Vollziehung des westfälischen Friedens, die ein kaiser¬ 
liches Edict bereits im November 1648 anordnete, bot große 
Schwierigkeiten und zog sich in die Länge. Auch blieben fran-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.