Full text: Geschichte des deutschen Volkes und Landes (Cursus 3, Abth. 2)

310 
Vierzehntes Kapitel. 
nicht mit Gelagen und geistlosem Spiel, sondern durch ernste Be¬ 
schäftigung mit den Künsten und Wissenschaften ausfüllen müsse. 
Jedoch wirkt sein familienloses Einsiedlerleben und das 
sittenlose Gebahren der von ihm bevorzugten Franzosen 
schädigend. 
C. Urteil des genialen Staatsmannes Graf von Mirabeau 
über die friedericianische Monarchie.1) 
(De la monarchie prussienne sous Fr6d6ric le Grand, 1788.) 
„Die preufsische Monarchie verdient an sich die Teilnahme 
jedes denkenden Menschen; sie ist ein schönes und grofses Kunst¬ 
werk, an welchem geniale Künstler Jahrhunderte gearbeitet haben; 
sie hat treffliche Einrichtungen, der Geist der Ordnung und Regel- 
mäfsigkeit ist ihr innewohnend, Denkfreiheit und religiöse Duldung 
sind vorherrschend, bürgerliche Freiheit ist hier beinahe so weit 
gewährt, als es in einem der unumschränkten Herrschaft eines 
Einzigen unterworfenen Lande möglich ist, in welchem die Über¬ 
reste der Barbarei noch einen grofsen Teil des Bauernstandes zur 
Knechtschaft (Leibeigenschaft und Hörigkeit) verurteilen; sie be¬ 
sitzt ein Militärsystem, welches nur weniger Veränderungen bedarf, 
um ein vollkommenes zu sein, sie hat endlich dem gesamten Europa 
das Beispiel einer Gesetzgebung aufgestellt, dem noch keine andere 
sich nähert.“ Soll der Staat aber seine Stellung behaupten, so 
sind mehrere Reformen notwendig. 
D. Nachahmer. 
Friedrich ward „nicht nur das gültige Muster eines neuen 
Königtums“, „sondern zugleich der populäre Mafsstab königlichen 
Wertes und Verdienstes“. 
In vielen Ländern Europas ahmten ihm die Fürsten nach, zu¬ 
weilen recht unglücklich, meist zum Nutzen ihrer Unterthanen. 
So in Baden Karl Friedrich, in Anhalt-Dessau Leopold II. Friedrich 
Franz, in Sachsen Friedrich August der Gerechte, Karl August von 
Sachsen-Weimar, in Würzburg-Bamberg Franz Ludwig v. Erthal, 
in Mainz Emmerich Joseph, in Trier Clemens Wenzel, ferner Max 
Franz, Josephs II Bruder, als Erzbischof von Köln. Dazu kommen 
vor allem Maria Theresia und Kaiser Joseph II. Dagegen herrschte 
grauenhafter Despotismus in der Pfalz, in Ansbach-Bayreuth, 
Württemberg und Hessen-Kassel. 
1) Zurbonsen, Quellenbuch der brandenburgisch-preufsischen Ge¬ 
schichte. S. 242, 243.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.