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redete er ihn an, „wozu haben wir denn erst nöthig uns zu be- 
kriegen, wenn du nicht kömmst, uns das Wasser und die nöthig- 
sten Lebensbedürfnisse zu nehmen; denn nur darum sollten ver¬ 
ständige Menschen sich streiten. Habe ich mehr Gut und Geld 
als du, so bin ich gern bereit, dir einen Theil davon abzugeben; 
habe ich dagegen weniger als du, so werde ich mich nicht schä¬ 
men, von dir etwas anzunehmen." — Alexander hörte mit 
Vergnügen der vernünftigen Rede zu; endlich schloß er ihn in 
seine Arme, und sagte: „Glaubst du wirklich, daß es zwischen 
uns so ohne allen Streit abgehen wird? Da irrst du dich. Du 
sollst nichts vor mir voraus haben, und ich werde mich nicht 
von dir aü Großmuth und Freigebigkeit übertreffen lassen." 
Und nun nahm er zwar die Geschenke an, die ihm der wackere 
Taxiles mitgebracht hatte, aber er schenkte ihm noch weit bedeu¬ 
tendere, und gab ihm noch obendrein 12,000 Thaler gemünzten 
Geldes, worüber die Macedonier nicht wenig scheel sahen. 
Ein andres Mal bekam er einen andern mächtigen König 
in Indien, den Porus, gefangen, nachdem sich dieser verzwei¬ 
felt gegen ihn gewehrt hatte. Als der Gefangene vor ihn ge¬ 
bracht wurde, bewunderte er den stattlichen Mann; denn Porus 
war ein Mann von ausnehmender Größe. „Wie willst du be¬ 
handelt seyw, Porus?" fragte er ihn. Porus antwortete: „Kö¬ 
niglich!" — Alexander fragte weiter: „verlangst du sonst nichts?" 
— „Unter dem Worte: königlich, ist alles Uebrige begriffen," 
war die Antwort. Wirklich behandelte ihn auch Alexander mit 
Großmuth: er gab ihm die Freiheit, und setzte ihn nicht nur 
wieder in sein Reich ein, sondern gab ihm noch mehr Land, 
als er vorher gehabt hatte. Von diesem Porus erzählt man 
noch, er habe einen merkwürdig zahmen und verständigen Ele- 
phanten gehabt von vorzüglicher Größe. Das Thier hatte eine 
große Liebe für seinen Herrn. So lange dieser noch unver¬ 
wundet war, lief es mit ihm keck in das Schlachtgetümmel, und 
schlug mit seinem Rüssel wacker um sich herum. Sobald es aber 
merkte, daß der König verwundet und durch die vielen Pfeile 
entkräftet war, zog es sich langsam zurück, ließ sich ganz sanft 
auf die Knie nieder, damit sein Herr, wenn er etwa herabfalle, 
sich nicht beschädige, und zog ihm mit dem Rüssel einen Pfeil 
nach dem andern heraus. — In einer der darauf folgenden
	        
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