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Absicht, sic zu seinem Triumphe aufzusparen; sie sollte als Ge¬
fangene vor seinem Wagen einhergehen. Darum stellte er sich
auch recht freundlich gegen sie, damit sie seine Absicht nicht
merke. Er besuchte sie, sprach ihr Muth ein, und hoffte, sie
beschwatzt zu haben. Abe^-sie durchschaute seinen Plan, und
beschloß, die Schande nicht zu erleben. Das hatte Octavius
gefürchtet, und daher befohlen, sie streng zu bewachen, und kein
scharfes Werkzeug zu ihr hineinzulassen. Sie aber wallfahrtete
erst noch nach dem Grabe des Antonius, warf sich unter Ver¬
gießung vieler Thronen auf den Sarg, bekränzte ihn mit Blu¬
men, und ging, zu sterben fest entschlossen, nach Hause. Hier
ließ sie sich ein paar Nattern, in einem Korbe unter Blumen
versteckt, bringen, schrieb an den Octavius einen Brief, worin
sie an der Seite des Antonius begraben zu werden bat, und
ließ sich nun von den Schlangen in die Brust beißen. Sobald
Octavius den Brief erhielt, schickte er gleich zu ihr, sie.vom
Selbstmorde abzuhalten, oder sie zu retten; aber es war zu
spät; sie lag, in königlichem Putze, auf ihrem Ruhebette aus-
gestreckt. Wie Schade, daß in dem schönen Körper keine schöne
Seele gewohnt hatte! —
Vierte Periode.
Von der Schlacht bei Actium bis zum Ende des abend¬
ländisch-römischen Reiches, 31 vor Christus bis 476
nach Christus.
41. A u g u st u §. *
Nun erst, nach des Antonius Tode, war Octavius Herr
des ganzen römischen Reichs, und es stand nun bei ihm, wel¬
chen Gebrauch er von seiner großen Macht machen wollte. Daß
es ihm wie seinen Ahnherrn Cäsar gehen würde,' war nicht zu
fürchten; denn die Römer waren mehr an Gehorsam gewöhnt,
die Herrschaft eines Einzigen schien ihnen nicht mehr so drückend,
und solche Feuerköpfe, wie Brutus und Cassius, waren nicht
Weltgeschichte für Töchter. I. 19