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Regierung ganz. „Ich will ja Alles thun, was ihr wollt," flehte
er, „nur verschafft mir Lösung vom Banne!" Aber höhnisch
lachte man ihm ins Gesicht, und sagte, da müsse er nach Rom
reisen, wenn er losgesprochen seyn wolle. Eine Zeitlang saß er
nun auf dem Schlosse von Ingelheim gefangen, demselben, wel¬
ches Karl der Große erbaut hatte. Endlich gelang es ihm zu
entspringen, und nach Lüttich zu entkommen, dessen Bischof sich
immer vorzüglich freundlich gegen ihn bewiesen hatte. Hier über¬
wältigte ihn aber der Tod, der für sein kummerbelastetes Gemüth
eine rechte Wohlthat war. Doch nicht einmal im Tode sollte der
arme Mann Ruhe haben. Der Bischof hatte ihn in eine Kirche
beisetzen lassen, aber, weil er im Banne gestorben war, mußte er
wieder ausgegraben werden, bis er erst nach fünf Jahren in der
Domkirche von Speier beigesetzt wurde, nachdem ihm sein Sohn
Lösung vom Banne verschafft hatte. Der arme, unglückliche
Kaiser! —
Dritte Periode.
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Vom Anfänge der Kreuzzüge bis zur Reformation
1096 — 1517.
61. Der erste Kreuzzug 1096.
seitdem die heilige Helena, Constantins des Großen Mutter,
die herrliche Kirche über dem heiligen Grabe erbaut, und sie und
ihr mächtiger Sohn bei der prachtvollen Einweihung derselben,
auf den Knieen demüthig im Staube liegend, dort ihr andächtiges
Gebet verrichtet hatten, wurde es in Jerusalem gar nicht leer von
Pilgern, die vor Begierde brannten, da zu wandeln, wo der
Heiland mit seinen heiligen Füßen den Boden berührt hatte, im
Wasser des Jordans ihre Taufe zu erneuern, und mit nie so heiß
gefühlter Andacht an seinem Grabe zu beten. Unterwegs fanden
die frommen Pilger überall die freundlichste Aufnahme; denn wer