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det haben. Northumberland hatte schnell den Muth verloren,
und rief nun selbst Marien zur Königin aus. Aber jetzt
war die Reue zu spat; Maria fühlte kein Erbarmen. Sie
befahl, ihn gefangen zu setzen; und ihn, den mächtigen
Northumberland, vor welchem noch vor wenigen Tagen ganz
England gezittert hatte, sah man jetzt vor dem Grafen von
Arundel (sprich Aerondel v—v), der ihm Arrest ankündigte, auf
den Knieen liegen, und um sein Leben flehen. Er starb auf
dem Blutgerüste, von Niemand betrauert. Auch Suffolk, Dudley
und Johanna Gray wurden zum Tode verurtheilt, aber das
Urtheil nicht gleich vollzogen. Jener schien nicht gefährlich, und
für die beiden letzter» sprach ihre Jugend.
Maria war von ihrer Mutter, der Katharina von Arago-
nien, erzogen worden, und hatte eine glühende Vorliebe für den
katholischen Glauben eingesogen. Alles, was ihr Vater und
ihr Bruder für die neue Lehre gethan hatten, auszurotten, und
die katholische Lehre mit allem ihren Prunke in voller Glorie
in ihrem Reiche wiederherzuftellen, war ihr fester Wille. Die
vertriebenen Bischöfe wurden wieder eingesetzt, und wer sich der
Messe widersetzte, ins Gefangniß geworfen; und als einige ihrer
Unterthanen es wagten, sie an ihr bei der Thronbesteigung ge¬
leistetes Versprechen, nichts in der Religion zu andern, zu er¬
innern, erhielten sie eine halb drohende, halb spöttische Antwort.
Nur eine Angelegenheit, Marien nicht weniger wichtig, konnte
für kurze Zeit die Ausführung ihrer unduldsamen Vorsatze hin¬
dern, die Wahl eines Mannes. Sie erklärte sich für Philipp II.,
Karls V. einzigen Sohn. Die Verwandtschaft mit ihm, die
Gleichheit des Glaubens, seine vornehme Geburt und seine Ju¬
gend (er war erst 26 Jahre, sie schon 38 alt) empfahlen ihn vorzüg¬
lich. Ganz England war über diese Heirath aufgebracht; man
fürchtete den Stolz und die Grausamkeit des heimtückischen Philipp.
Diese Stimmung benutzten Suffolk und noch andere ehr¬
geizige Männer, einen Aufruhr zu erregen, aber nur zu ihren»
und der armen Johanna Unglück. Denn Maria unterdrückte
die Unruhen schnell, Suffolk und die Andern wurden hingerich¬
tet, und nun auch der Johanna und ihres Mannes Tod be¬
schlossen, so unschuldig Beide auch an der Unternehmung ihres
Vaters waren. Johanna wird uns von allen Geschichtschreibern