73 
det haben. Northumberland hatte schnell den Muth verloren, 
und rief nun selbst Marien zur Königin aus. Aber jetzt 
war die Reue zu spat; Maria fühlte kein Erbarmen. Sie 
befahl, ihn gefangen zu setzen; und ihn, den mächtigen 
Northumberland, vor welchem noch vor wenigen Tagen ganz 
England gezittert hatte, sah man jetzt vor dem Grafen von 
Arundel (sprich Aerondel v—v), der ihm Arrest ankündigte, auf 
den Knieen liegen, und um sein Leben flehen. Er starb auf 
dem Blutgerüste, von Niemand betrauert. Auch Suffolk, Dudley 
und Johanna Gray wurden zum Tode verurtheilt, aber das 
Urtheil nicht gleich vollzogen. Jener schien nicht gefährlich, und 
für die beiden letzter» sprach ihre Jugend. 
Maria war von ihrer Mutter, der Katharina von Arago- 
nien, erzogen worden, und hatte eine glühende Vorliebe für den 
katholischen Glauben eingesogen. Alles, was ihr Vater und 
ihr Bruder für die neue Lehre gethan hatten, auszurotten, und 
die katholische Lehre mit allem ihren Prunke in voller Glorie 
in ihrem Reiche wiederherzuftellen, war ihr fester Wille. Die 
vertriebenen Bischöfe wurden wieder eingesetzt, und wer sich der 
Messe widersetzte, ins Gefangniß geworfen; und als einige ihrer 
Unterthanen es wagten, sie an ihr bei der Thronbesteigung ge¬ 
leistetes Versprechen, nichts in der Religion zu andern, zu er¬ 
innern, erhielten sie eine halb drohende, halb spöttische Antwort. 
Nur eine Angelegenheit, Marien nicht weniger wichtig, konnte 
für kurze Zeit die Ausführung ihrer unduldsamen Vorsatze hin¬ 
dern, die Wahl eines Mannes. Sie erklärte sich für Philipp II., 
Karls V. einzigen Sohn. Die Verwandtschaft mit ihm, die 
Gleichheit des Glaubens, seine vornehme Geburt und seine Ju¬ 
gend (er war erst 26 Jahre, sie schon 38 alt) empfahlen ihn vorzüg¬ 
lich. Ganz England war über diese Heirath aufgebracht; man 
fürchtete den Stolz und die Grausamkeit des heimtückischen Philipp. 
Diese Stimmung benutzten Suffolk und noch andere ehr¬ 
geizige Männer, einen Aufruhr zu erregen, aber nur zu ihren» 
und der armen Johanna Unglück. Denn Maria unterdrückte 
die Unruhen schnell, Suffolk und die Andern wurden hingerich¬ 
tet, und nun auch der Johanna und ihres Mannes Tod be¬ 
schlossen, so unschuldig Beide auch an der Unternehmung ihres 
Vaters waren. Johanna wird uns von allen Geschichtschreibern
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.