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eine Wohlthat erwiesen hatte, und oft hörte man ihn
sagen: von eines Kaisers Throne muffe niemand traurig
Weggehen. Nicht nur, daß er die Angeber freyer Mei¬
nungen nicht anhörte, er bestrafte sie sogar, und verwies
sie in's Exil. Begnadigen war sein Vergnügen: er ver¬
zieh eine gegen ihn gestiftete Verschwörung. Das Volk
erkannte das so dankbar, daß es ihn „die Liebe und Luft
des menschlichen Geschlechtes" nannte. — Wirklich schien
sich aber auch alles Ilnglück in die kurze Periode seiner
Negierung zusammenzudrangen. Ein ungeheures Erdbe¬
ben, verbunden mit fürchterlichen Ausbrüchen des Ve¬
suvs, verwüstete ganz Campanien, und versenkte zwey
Städte, Herculanum und Pompeji, in die Tiefe
der Erde (23. Aug. 79). Eine verheerende Pest richtete
unzählige Familien zu Grunde, und eine schreckliche Feu¬
ersbrunst legte die schönsten Gebäude Noms in Asche.
Der menschenfreundliche Kaiser half überall mit seinem
ganzen Vermögen; ja er wollte lieber seine Kostbarkeiten
verkaufen, als dem Lande deshalb eine neue Steuer auf-
legen. — Auch durch ein herrliches Werk der Baukunst
stiftete sich Titus ein zumTheil noch vorhandenes Denk¬
mahl. Es war eine Reihe trefflicher Gebäude, die Bä¬
der des Titus genannt. Bey der Einweihung dersel¬
ben zog er sich ein hitziges Fieber zu, an welchem er
starb (13. Sept. 81).
Sein ihm ganz unähnlicher Bruder Domitian
bestieg den Thron. Er war ein vollendeter Despot, und
grausam wie Nero. Er stützte seine Herrschaft auf das
Kriegsvolk, das er um ein Viertheil höher besoldete, und
deckte die Ausgabe durch Herstellung der Majeftätsgerich-
te. Unter seiner Negierung erlitt das Römische Reich von
außen den heftigsten Stoß; die Einfälle der Slavifchen
Völker aus dem heutigen Ungarn und Böhmen liefen
nähmlich so unglücklich ab, daß Domitian den Frieden
mit den Da eiern schimpflich erkaufen mußte (90). Sein
Blutdurst stieg immer höher, und täglich brachte er dem-