Full text: Klasse 6 (fünftes Schuljahr) (Teil 4, [Schülerband])

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daß ein großer Regen vom Himmel fiel, also daß sie das Bild auf 
dem Wagen kaum vor Nässe bewahren und selber nur mit genauer 
Not vom Eis aufs trockene Land kommen konnten. Da mußte König 
Abel sich zurückziehen, sie aber zogen mit großen Ehren nach Hause 
und ließen nach ihrem Gelübde St. Christians Bild mit dem aller¬ 
besten Golde beschlagen. 
3. Bald jedoch zog König Abel wiederum hinunter nach Eider- 
stedt mit großem Heere und wollte die Friesen endlich bezwingen. Sie 
aber wehrten sich und schlugen ihn auf dem Königskamp. Als er nun 
fliehend den Milderdamm erreichte, war ein Rademacher von Nord¬ 
strand, Wessel Hummer, ihm voraufgeeilt und hielt sich in einem 
Siel, das unter dem Damm weg ging, verborgen, bis der König kam; 
da sprang er hervor, fiel ihn von hinten an und spaltete ihm den Kopf 
mit seiner Art, daß er gleich tot hinstürzte. 
4. Als nun seine Leiche nach Schleswig gebracht und dort im 
Dome zu St. Peter beigesetzt worden war, erhub sich gleich in der 
nächsten Nacht ein solches Lärmen mit Gekrach und Geknirsch in der 
Kirche, daß es den erschreckten Stiftsherrn nicht möglich war, ihre Psalmen 
und die gebräuchlichen nächtlichen Gebete abzusingen und herzusagen, 
da eine greuliche Erscheinung sie störte und ängstigte. Als das sich 
nun so mehrere Male wiederholte und es der verwitweten Königin 
hinterbracht worden war, ward beschlossen, den Leichnam des Königs 
herauszunehmen, ihn zur Kirche hinauszuschaffen und an einem andern 
Orte zu begraben. Die Leiche ward nun in einen Sumpf des Pöler- 
waldes, der nahe bei Gottorp liegt, eingesenkt, nachdem ein Pfahl 
durch den Sarg geschlagen worden war. Dieser Ort wird bis auf den 
heutigen Tag gezeigt und heißt allgemein das Königsgrab. Von jenem 
Tage an, versichern die Alten, hätten die Erscheinungen und Gespenster 
und das Lärmen in der Kirche aufgehört. Aber an dem Orte, wo der 
König jetzt begraben ist, und den nahegelegenen läßt sich seit der Zeit 
ein entsetzliches Getöse hören. Oft sind solche, die nachts des Weges 
kamen, erschreckt und dadurch in Todesängste gebracht worden. Ear 
oft hat man dort die Stimme eines Jägers und sein Hornblasen ver¬ 
nommen, und zwar so deutlich, daß mancher sagen würde, es jage da 
jemand; auch sagen die Leute allgemein, daß Abel sich gezeigt habe 
und gesehen worden sei. Er ist im Gesicht und am ganzen Körper 
kohlschwarz; er reitet auf einem kleinen Pferde und wird begleitet von 
drei Jagdhunden, die man oft in feuriger Gestalt hat glühen sehen.
	        
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