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Zweite Periode.
Von dem Untergange des weströmischen Reiches bis auf
Karl den Großen oder von 476 bis 768 nach
Christi Geburt.
i. Das Reich der Dstgothen und der Wandalen.
Nur siebzehn Jahre dauerte das deutsche Königreich, welches
von Odoacer auf den Trümmern des weströmischen Reiches in
Italien und Sicilien gegründet worden war. Die Ostgothen,
seit dem Tode Attila's wieder unabhängig und frei, verlangten
ausgebreitetere und fruchtbarere Ländereien und brachen daher im
Einverständnisse und zur Freude des griechischen Kaisers von Pan¬
nonien und Mösien, ihren bisherigen Wohnsitzen, nach Italien
auf (489). Ihr junger König Theodorich, der als Geißel in
Konstantinopel aufgewachsen war und mit einem unternehmenden
und kriegerischen Geiste auch die Tugenden eines weisen Regenten
verband, erkämpfte sich zuerst von den Gepiden den Durchzug durch
Thracien, besiegte dann den Odoacer in drei Schlachten und schloß
ihn in der befestigten Stadt Ravenna ein. Nach ihrer Uebergabe
und Odoacers Ermordung (493) unterwarfen sich Italien, Sici-
lien, Dalmatien, die beiden Rhätien, Norikum, ein großer Theil
Pannoniens und die gallische Provinz Theodorichs Zepter.
Während seiner Negierung erfreute sich Italien eines bes¬
sern Geschickes, als es in vielen Jahren vorher genossen
hatte. Er ließ den Gothen und Römern die gewohnten Gesetze
und Einrichtungen, sorgte für eine gute Polizei und strenge Ge¬
rechtigkeitspflege , hob die Selbstrache auf und brachte Ackerbau,
Handel und Gewerbe in Italien zu neuer Blüthe. Bei aller Frie-
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