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gewandt und stark zu machen. Im vierzehnten Jahre ward er durch
Umgürtung eines Schwertes wehrhaft. Nun hieß er Knappe (Knabe).
Von nun an begleitete er seinen Herrn zu jeder Stunde und zu jedem
Geschäfte, zu der Lust der Jagd, der Feste und Waffenspiele, so wie in
den Ernst der Schlacht. Treue Anhänglichkett an seinem Herrn war
die erste Pflicht. Und hatte er in der Schlacht mit Schild und Schwert
seinen Herrn gerettet, so trug er den größten Ruhm davon, den ein
edler Jüngling sich erwerben konnte.
Hatte der Knappe unter diesen ritterlichen Uebungen das ein und
zwanzigste Jahr erreicht, so konnte er zum Ritter geschlagen werden.
Zu dieser wichtigen Handlung mußte er sich durch den Empfang der
heiligen Sakramente, durch Fasten und Beten vorbereiten; auch mußte
er sich zuvor baden und eine Nacht in voller Rüstung in einer Kapelle
zubringen. Und kam dann endlich nach langem Sehnen der Morgen
des Tages, welcher der schönste und glorreichste in des Jünglings Leben
war, so wurde er im feierlichen Zuge zur Kirche geführt. Knappen
trugen die Rüstung, den Streitkolben, den Schild und das Schwert;
Edelsrauen den Helm, die Sporen, das Wehrgehenk. Ehrfurchtsvoll
knieete der Knappe am Altare nieder und beschwor mit feierlichem Eide
das Gelübde: die Wahrheit zu reden, das Recht zu behaupten, die
Religion sammt ihren Häusern und Wienern, alle Schwachen und Un-
vermögenden, alle Wittwen und Waisen zu beschirmen, keinen Schimpf
gegen Edelsrauen zu dulden und alle Ungläubigen zu verfolgen. Hieraus
empfing er aus der Hand eines Ritters oder einer Edelfrau Sporen,
Handschuh und Panzer. Nun knieete er vor dem Ritter nieder, der
ihn dreimal mit flacher Klinge sanft aus Hals und Schulter schlug.
Das war der Ritterschlag. Dann schmückte man den jungen Ritter
auch mit Helm, Schild und Lanze und führte ihm ein Pferd vor, auf
welches er sich sogleich schwang, und welches er fröhlich durch die Menge
der Zuschauer tummelte. Große Feste beschlossen die Feierlichkeiten des
Tages. Von nun an durfte er selbst die geringste Beleidigung nicht
ungerächt lassen. Th. B. Wetter.
9. Die Burgen.
Wie der Ritterstand der herrschende im Lande war, so zeigte der
Ritter auch durch die Wahl seiner Wohnung schon, wie hoch erhaben er
sich fühle über das unfreie Volk und den nicht ritterbürtigen Stadt¬
bewohner. Aus Felsgipfeln und fast unnahbaren Bergeshöhen gründete
er seine Burg, oder wo solche nicht vorhanden waren, da wurde doch
der Zugang durch einen breiten tiefen Graben gehindert. Ursprünglich
war eine solche Burg nur ein viereckiger oft achtzig Fuß hoher Thurm,
dessen Seiten dreißig bis vierzig Fuß Breite batten. Die acht bis
zehn Fuß dicken Mauern waren aus mächtigen, nur zum Theil be¬
hauenen Steinblöcken ausgeführt Nur eine Thür, groß genug, um
einen Mann einzulassen, führte in das Innere, und auch diese war nicht
zu ebener Erde angebracht, sondern in einer Höhe von fünfzehn bis