Object: Charakterbilder aus der mathematischen und physischen Erdkunde (Abt. 4)

Die tropischen Regen. 155 
Die höchsten Wärme- und die größten Kältetemperaturen, 
die man an der Oberfläche unseres Erdballes beobachtet hat, 
liegen um mehr als 100° R,, also weiter als Gefrier- und 
Siedepunkt von einander entfernt. Daß aber der Mensch bei 
all diesen extremen Temperaturverhältnissen seine Existenz zu 
behaupten vermag, daß er sogar, wie kürzlich Nordenskjöld und 
seine Gefährten gethan, in verhältnismäßig kurzer Zeit mit dem 
Aufenthalte in den Gegenden der äußersten Extreme wechseln 
kann, ohne der Gesundheit zu schaden, das ist ein bedeutungs- 
volles Zeugnis für seine hohe Organisation und ein Beweis 
dafür, daß der Mensch zum Herrscher der Erde berufen ist. 
5. Die tropischen Regen. 
In den Äquatorregionen, wo der jährliche Verlauf der 
Temperatur und der Winde an ziemlich feste Regeln gebunden 
ist, kommt auch der Regen am regelmäßigsten vor, so daß das 
bei uns gebräuchliche Einteilen des Jahres nach dem Wechsel 
der Temperatur hier kaum möglich ist, dagegen mit Hilfe der 
periodischen Regen viel zweckmäßiger durchgeführt wird. Dem 
Tropenbewohner ist unser Winter und Sommer, unser Herbst 
und Frühling etwas ganz Unbekanntes, er kennt nur die Zeiten 
des Regens und der Trockenheit, von denen wir wieder keine 
Vorstellung haben. 
So oft in den Tropen der Paffatwind mit seiner Regel- 
Mäßigkeit waltet, bewahrt der Himmel eine ungestörte Wolken- 
freie Reinheit, eine tiefgefärbte Aznrbläne; das trifft gewöhnlich 
dann am sichersten ein, wenn, auf irgend einen Ort bezogen, 
die Sonne auf der entgegengesetzten Seite des Äquators steht. 
Die Luft ist wasserarm, trockeü und läßt den Gedanken an 
Regen gar nicht einmal aufkommen. Die baumlosen Fluren 
verlieren ihren grünen Schmuck, Teiche und Bäche versiegen. 
Die Tiere verkriechen sich in die Tiefen der Urwälder, oder sie 
vergraben sich im Schöße der Erde. Alles fliehet vor der 
Sonne und lechzt nach Regen. Aber in dem Maße, wie die 
Sonne höher empor steigt und den Zenith des Ortes zu er- 
reichen strebt, wird der Passat unruhig und macht Miene, alle 
seine Regelmäßigkeit zu verlieren; die Bläue des Himmels 
nimmt eine blassere Tinte an, überzieht sich mit Nebeldunst
	        
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