Full text: [Theil 2, Abth. 4] (Theil 2, Abth. 4)

5 
Je tiefer aber unter Haruns Nachfolgern die Macht 
und das Ansehen des Chalifats zu Bagdad sank, und je 
kühner die Statthalter der Provinzen desselben nach Un¬ 
abhängigkeit strebten, oder die Stifter Muhammedanischer 
Secten, wie einst Muhammed selbst, ihre Lehren mit 
dem Schwerte verbreiteten: desto mehr verschlimmerte 
sich der Zustand der Christen im Orient, und desto 
gefährlicher wurden die Pilgerfahrten nach den heiligen 
Stätten Palästinas. Dieß war hauptsächlich der Fall, 
als der Alide oder Fatimide*) Moez von Kairwan 
aus Aegypten und Syrien eroberte, seinen Sitz zu Kairo 
nahm, und die Abbassiden zu Bagdad als unrechtmäßige 
Chalifen verfluchte. Die neuen Chalifen achteten die 
Verträge nicht, welche Omar mit den Christen zu Jeru¬ 
salem aufgerichtet hatte. Besonders handelte der Chalife 
Hakem (seit 1010) gegen die Christen gewalthätig; sie lit¬ 
ten persönliche Kränkungen und Verfolgungen, und meh¬ 
rere ihrer Kirchen wurden zerstört. Wohl gereute 
ihn gegen das Ende seines Lebens diese Verfolgung 
der Christen; er erlaubte denen, welche, um der Schmach 
zu entgehen, den Islam scheinbar angenommen hatten, 
sich wieder zu ihrem alten Glauben zu bekennen, und er¬ 
theilte allen die Freyheit, ihre zerstörten Kirchen wieder 
aufzubauen. Dagegen wurde von den christlichen Pilgern 
ein beträchtlicher Preis für den Eingang in Jerusalem 
verlangt. Deßungeachtet vermehrten sich die Wanderun¬ 
rungen nach dem gelobten Lande, wozu wohl auch dieses 
beytrug, daß jetzt dem Pilger ein neuer Weg geöffnet 
wurde, der ihn der Gefahren und Kosten einer weiten 
Seereise überhob. Die Pilgerreisen geschahen nämlich 
*) Abkömmling des Ali und der Tochter Muhammed's Fatime. 
Oer Urgroßvater des Moez, Abu Muhammed Obaidalla, 
hatte im Anfange des loten Jahrhunderts die Herrschaft 
der Aliden oder Fatimiden im nordwestlichen Afrika be¬ 
gründet.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.