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bloß die geringern Pilger, sondern auch viele Edle den
Muth. Sie ließen sich an Stricken von der Mauer hin¬
ab (deßhalb zur Schande Stricklänfer genannt) und ge¬
langten, theils auf ungebahnten Pfaden und unter gros¬
sen Beschwerden, theils mit der zur Flucht verführten
Flotte nach Alexandrette, wo sich Graf Stephan von
Blois schon seit geraumer Zeit aufhielt und das weitere
Geschick der Wallbrüder unthätig erwartete. Andere Pil¬
ger, welchen die Flucht bis in die christlichen Länder zu
gefährlich schien, gingen zu den Türken über, Christi Leh¬
re abschwörend, und zu eigener Entschuldigung die Noth
der Pilger in ihren Erzählungen noch vergrößernd. Um
solchen Uebeln zu steuern, übertrugen setzt die Fürsten,
nach dem Antrage des Bischofs von Puy, den Oberbe¬
fehl an Boemund, versprachen ihm auf die Dauer der
Belagerung Gehorsam, und schwuren, auszuharren trotz
aller Gefahren. Mit rastloser Thätigkeit sorgte nunmehr
Boemund nebst seinen Freunden Tag und Nacht für Si¬
cherung und Widerstand; Thürme, Mauern und Thore
wurden mit den sichersten Pilgern besetzt und die Flucht
der Furchtsamen unmöglich gemacht. Da kam eines Ta¬
ges ein Geistlicher, Nahmens Petrus Bartholomäus, zum
Bischöfe von Puy und zum Grafen von Toulouse, und
erzählte mit großer Umständlichkeit: daß ihm der heilige
Apostel Andreas mehrere Mahle im Traume erschienen sey,
und ihm aufgetragen habe, den Fürsten zu verkünden,
wo in der Kirche des Apostels Petrus die Lanze verborgen
wäre, mit welcher man die Seite Jesu Christi durchsto¬
chen hätte. Der Bischof von Puy nahm auf daö Vor¬
geben des Geistlichen keine Rücksicht; Graf Naimund hin¬
gegen ließ ihn von seinem Kapellane genau bewachen,
und ordnete an, daß nach Entfernung alles Volkes aus
jener Kirche zwölf Männer an der bezeichneten Stelle
nachgraben mußten. Sie mühten sich vergebens von Mor¬
gen bis zum Abend; Graf Naimund hatte sich bereits wie¬
der auf seinen Posten begeben, auch mehrere Edle waren