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XXIX.
Wiederaufleben der Wissenschaften.
I. AlS die Türken über die schutzlosen Lander der
griechischen Zunge hereinstürzten, stohen deren edelste Be¬
wohner, das Joch der Ungläubigen scheuend, nach dem
gastfreundlichen, christlichen Abendlande. Bey zunehmen¬
der Bedrangniß hausten sich solche Auswanderer, und
endlich nach der Eroberung Constantinopels, kamen die
vortrefflichsten der griechischen Gelehrten, reich an Schä¬
tzen der Literatur und an eigenem Genie, nach Italien
und andern westlichen Landern, und verbreiteten allda
durch Umgang und Unterricht, durch Mittheilung und
Uebersetzung claffischcr Schriften auf vielen Wegen Ge¬
schmack und Wiffenschast. Besonders wurde durch sie die
Liebe zur griechischen Sprache und zu den in derselben
erhaltenen Schätzen im Abendlande rege; man sainmelte
sofort die Werke der alten Griechen, vervielfältigte die
Exemplarien durch Abschrift (und spater durch Druck), und
ordnete sorgsam das Studium der griechischen Sprache.
Nicht minder angelegen wurden die lateinische Spra¬
che und Literatur betrieben, zum Theil schon früher, als
die griechische, nachmals mit der letztern wetteifernd, oder
auch wechselseitig sich unterstützend. Die einmal gewon¬
nene Erkenntniß von der Vortrefflichkeit der Alten hatte
ein heißes Verlangen nach allen ihren Werken erzeugt.
Nach dem Muster der großen Claffiker suchte man den
eigenen Styl zu bilden, an der Fülle ihres Geistes den
eigenen Geist zu nähren, dem Flug ihres Genies mit ei¬
genen Schwingen nachzustreben. Meister hierin wurden die
Italiener Dante, Petrarca und Boccacio.
II. Aber die Wiffenschast, wiewohl eine Tochter des
freyen Geistes und wenig folgsam dem Machtworte der
Gewaltigen, mag dennoch leichter emporkommen durch de-