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Erbitterung Unruhen und gefährliche Zusammenkünfte. Sowohl
der König von Frankreich, Ludwig XIV., als auch der türkische
Sultan, Muhamed IV., schürten sorgfältig die Flamme des
Aufruhres zu einem großen verheerenden Brande an.
An die Spitze der mißvergnügten Ungarn stellte sich Graf
Emmerich von Tököly und rief die Türken zu Hülfe. Dieser
Ruf kam ihnen äußerst willkommen; denn das uneinige, durch
die langwierigen schwedischen und französischen Kriege erschöpfte
Deutschland schien ihnen eine eben so sichere als leichte Beute zu
werden. Der Großwessir Kara Mustapha hatte schon in sei¬
nem stolzen Sinne Wien sich zu seiner Residenz erkoren. Ein
einziger rascher Marsch werde ihn — meinte er — ohne Schlacht
vor die Thore führen und eine mächtige aber kurze Anstrengung
ihm dieselben öffnen.
Sonst waren die Türken, zumal die Asiaten, spat im Felde
erschienen, und eben so zeitig rief sie der Winter aus demselben
zurück. Jetzt aber brach der Großwessir gleich mit dem Anbruche
des Frühlings 1683 an der Spitze von zweimal hundert tausend
Mann gerades Weges auf Wien los, ohne sich auf seinem Zuge
mit Belagerung der Festungen aufzuhalten. Die Bestürzung der
Kaisecstadt war grenzenlos. Leopold's Heer zählte kaum drei und
dreißigtausend Mann, über welches der Herzog Karl von Loth¬
ringen den Oberbefehl führte. Wie wollte er mit diesem Häuf¬
lein die hundert Tausende des Großwessirs aufhalten! Bei dem
Andrange so großer Gefahr versprach der tapfere König von Polen,
Johann Sobiesky, dem Kaiser zu Hülfe zu ziehen; auch
die deutschen Fürsten wurden ernstlich aufgemahnt und erschienen
dieses Mal schneller als gewöhnlich mit ihren Truppen im Felde.
Nachbarn der Kaiser dem edlen Grafen Rüdiger von Star¬
hemberg die Vertheidigung der Stadt übertragen und die Bür¬
gerschaft zur Tapferkeit ermuntert hatte, floh er selbst in bestürzter
Eile nach Linz.
Unterdessen rückten die Türken so schnell heran, daß der
Herzog Karl kaum Zeit hatte, zwölftausend Mann zur Verstärkung
der Bürgerbefatztlng in die Stadt zu werfen. Er selbst zog sich