Full text: Geschichte der neueren und neuesten Zeit (Theil 3)

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mächtigen Bundesgenossen verloren hatte, neigte sich jetzt zum 
Frieden, der zu Jassy 1797 zu Stande kam. Sie mußte sich 
mit Oczakow und dem . Lande zwischen den Flüssen Bug und 
Dniester begnügen. 
Keiner übte einen größeren Einfluß auf die russische Kaiserin, 
als der vorher erwähnte Fürst Potemkin. Unter allen ihren 
Günstlingen war er der Einzige, in dessen Händen die ausschlie¬ 
ßende Verwaltung des ganzen Staates lag. Er besaß mehr glan¬ 
zende, als große Eigenschaften; gleichwohl behauptete er sich bis 
an seinen Tod in der unumschränkten Beherrschung seiner sonst 
so klugen und kräftigen Monarchin: denn er wußte sie in der 
Meinung zu erhalten, daß er für ihre Sicherheit unentbehrlich sei. 
Sein ungewöhnliches Glück verführte ihn auch zu einem unge¬ 
wöhnlichen Stolze und Ubermuthe. Ec wollte allein der Mächtige 
sein und wußte dieses mit großem Ubermuthe zu zeigen, indem 
er jeden durch Verdienst, Geburt oder Reichthum ausgezeichneten 
Mann mit Worten, sogar Schlagen mißhandelte. Selbst gegen 
die Kaiserin bewies er solchen Trotz, daß man zu erzählen wagte, 
er habe seine Gebieterin geschlagen. Dagegen tauschte er sie wie¬ 
der durch die kühnsten, auf ihren Eharakter berechneten Schmei¬ 
cheleien. Als sie im Jahre 1787 nach Taurien reifete, um diese 
neue Provinz zu sehen, waren auf Potemkin's Anordnung in einer 
Entfernung von der Landstraße hin und wieder, Dörfer oder viel¬ 
mehr Brettwande aufgeschlagen, die eine tauschende Ähnlichkeit 
mit Dörfern hatten, und die Bewohner der Umgegend in ihren 
besten Kleidern dahin aufgeboten worden. Bei der Eile hatte die 
Kaiserin nicht Zeit, die Sache zu untersuchen; und Potemkin's 
Absicht, ihr ein großartiges Bild von den hohen Fortschritten der 
Kultur und von dem Wohlstände der Einwohner in dem ihm 
anvertrauten Gouvernement zu machen, war erreicht. Kein Wun¬ 
der, wenn fast alle europäischen Höfe sich beeiferten, durch Ehren¬ 
bezeigungen diesen mächtigen Günstling für sich zu gewinnen. Als 
ihm Friedrich d. Gr. den schwarzen Adlerorden etwas spater schickte, 
als er erwartet haben mogte, erwiederte er wegwerfend: ,,er sei 
zwar dem Könige sehr verbunden, jedoch wisse er in der That
	        
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