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war sichtbar, daß die Häupter der beiden Religionsparteien durch
den wetteifernden Aufwand und Glanz, womit sie die Krönung
verherrlichten, nur die Gunst des neuen Kaisers für sich zu
gewinnen, gegen einander aber eine Ehrfurcht gebietende Stellung
zu nehmen suchten. Mathias war thatiger, als sein Bruder,
und zeigte den besten Willen, die kirchlichen Parteien in
Deutschland mit gleicher Gerechtigkeit zu behandeln; allein die
Religionsfpannung, welche alle Verhandlungen der Reichstage über
Türkenhülfe, Gebrechen des Münzwesens und Reichskammerge¬
richts vereitelte, war schon so weit gediehen, daß selbst der thä-
tigste und einsichtvollste Kaiser ihrer nicht mehr hatte mächtig
werden können. Unter Mathias Regierung kam denn endlich das
Gewitter, welches schon so lange am deutschen Himmel drohend
gestanden hatte, zum verheerenden Ausbruche; der dreißigjährige
Krieg nahm seinen Anfang. Bevor wir aber den Vorhang zu
diesem großen Trauerspiele aufziehen, wollen wir die gleichzeitigen
Begebenheiten aus der Geschichte der übrigen europäischen Völker
bis dahin nachholen.
19. Religionskriege in Frankreich. — Die
Bartholomäusnacht. 1572.
Die Reformation hatte unterdessen auch Wurzel gefaßt in
dem benachbarten Frankreich, wo der Samen der neuen Lehre von
Calvin ausgestreuet worden war. Anfangs versammelten sich die
Neuerer, aus Furcht vor des Königes Strenge, nur bei der Nacht.
Besonders geschah dieses im Bisthume Meaux und Tours. We¬
gen dieser nächtlichen Zusammenkünfte erhielten sie den Namen
Hugenotten, vom Könige Hugo, dessen Gespenst nach der
Volkssage bei Tours nächtlich herumwandelte. Doch bald erschie¬
nen sie auch frei am Tage, und ihre Zahl vermehrte sich, unge¬
achtet der grausamen Strenge, mit welcher sie unter dem Könige
Franz I. und besonders unter seinem Sohne und Nachfolger
jfj, Heinrich I1T. verfolgt wurden. Heinrich starb 1559, an einer
im Tourniere erhaltenen Wunde, und seine drei Söhne Franz U,,