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IV. Das Land,
Mit der genaueren Morphologie d. h. Gestaltenlehre der Ge-
birge beschäftigt sich die Orometrie, die Lehre.von den Maßen der
Gebirge.1
Von SButfernen2 kennt man gegen 300 thätige (darunter einige erst vor
kurzem entstandene) und uoch mehr erloschene.» Sie durchbohren mit ihren Schloten
siebartig das Gestein der Erdrinde und sind meist unfern dem Meere reihenartig
geordnet die großartigste Vulkanreihe zieht vom O. des bengalischen Meerbusens
um das ganze pacifische Weltmeer herum.° Nur der Australkoutinent ermangelt der
Vulkane. Eruptionen früherer Erdalter ergaben die Porphyr-, Basalt-, Phonoltth-
und Trachytberge«, deren Masse als feuerflüssige Lava aus dem Erdiuueru quoll
(ohne daß letzteres aus lauter Lava zu bestehen braucht!); sie besitzen zwar keine
Krater und aus ihnen geflossene erstarrte Lavaströme (nur die basaltischen oft Kegel-
form), bilden aber wie die Feuerfpeier öfters Gruppengebirge.
Viel großartiger als der Vulkanismus arbeitet die Gebirgsfältelung an
der Ausgestaltung der Erdoberfläche. Vermutlich war die Erde einst feuerflüssig,
erstarrte erst im Lauf unberechenbar langer Zeiträume durch Ausstrahlung in den
äußerst kalten Weltraum uud unterliegt noch gegenwärtig (wie jeder sich abkühlende
Körper) einer langsamen Zusammenziehung, wodurch sich seine Außenseite runzelt
gleich der Schale eines durch Trockuis zusammenschwindenden Apfels. Unsere Figur
stelle einen Querschnitt durch ein mehrkammiges Faltungsgebirge (etwa den schwei-
zerischen Jura) dar; man sieht sofort, daß ein solches Gebirge bei Wiederebenung
feiner verbogenen Sedimente ^ nicht Raum fände zwischen seinen einschließenden Fels-
massen am Fuß bei gegenwärtigem Abstand vom Erdmittelpunkt, daß mithin die
ehemalige Horizontallage seiner Schichten nur in einer Zeit möglich war, als die
Erde noch etwas umfangreicher war. Ausgeglättet würden die Felsschichten des
Schweizer Jura 5, die der Westalpen sogar ILO'"" weiter reichen als ihr heutiger
Gebirgsfuß (die horizontal gedachten Schichten des Schweizer Jura würden demnach
bis gegen Bern uud Lausanne, die der Westalpen bis in Mailands Länge sich
erstrecken). Auch sieht man, daß der Faltenwurf nicht durch Druck aus der Tiefe
entstanden sein kann, denn dadurch bliebe die Überfaltung bei 1 unerklärlich. Kamm-
gebirge entstehen durch Seitenschub festerer Massen der Erdrinde gegen
nachgiebigere, und die (alltäglich sich ereignenden) Erdbeben werden mitunter als
Fortsetzungen dieser sekular langsamen Auspressuug der Gebirge erkannt.
Sobald ein Kammgebirge sich zu erheben beginnt, beginnt auch schou seine
Umformung durch Atmosphärilien und fließende Gewässer; je kräftiger letztere wirkt,
desto herrlicher wird die Modellierung der eintönigen Falte.« Flüsse, welche ein Ge-
birge in seiner heutigen Höhe nie hätten durchnagen können, vermochten das doch, weil
sie die Arbeit begannen, als das Gebirge noch nicht so hoch erwachsen war.** Während
rinnende Wasser nnr auf der Liuie ihrer Rinnsale den Boden erodieren, ist die
Verwitterung mit dem Abtrag der gesamten der Luft ausgesetzten Oberfläche ohne
Unterlaß beschäftigt (Denudation^" d. h. Entblößung, wie bei 1—4 obiger Figur).
Durch solche Abdeckung gelangen untere Schichten zum Vorschein (durch Abdecken der
Felsschicht a die nächst tiefere bei 2 und 3, durch Abdecken von b bei 4 sogar die
1) S. 39. 2) 17. S. 44, Anm. 1. 3) S. 138, 179. 4) S. 106.
5) S. 70, 87, 90, 43, 52, 54. 6) S. 158, 167, 170, 177, 181, 199. 7) S. 71,
117. 8) S. 73 f. 9) S. 49, 59, 73, 177, 187. 10) S. 172.