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Allgemeine Knechtschaft.
daß noch immer sich welche fanden, die diese Stellen
übernahmen, ja selbst dem kaiserlichen Schatze für Er-
thcilung dieser drückenden Ehre beträchtliche Summen ent¬
richteten.
8. Allgemeine Knechtschaft daö Ende des römischen Reiches.
Eine allgemeine Knechtschaft war die natürliche Folge aller
dieser Staatseinrichtungen, eine Dienstbarkeit, welcher sich Nie¬
mand zu entziehen vermochte. Die früheren Freiheiten, welche
bei dem Bauernstände stattgefunden hatten, aus dem einst
Roms größte Feldherren und Staatsmänner hervorgegangen
waren, hatten in Folge der Ausdehnung der siscalischen Gesetz¬
gebung einer wirklichen Gebundenheit an die Scholle Platz ge¬
macht. Die großen Verpftichtungen, welche der Staat den Ge-
werbtreibenden auferlegte, richteten auch diese zu Grunde und
schufen sie allmälig nach ihrem Gewerbe und ihrer Beschäftigung
in Kasten um. Die großen Monopole, welche sich der Staat
vorbehielt, vermehrten diesen Zustand, welcher selbst durch Heirath
auf den Einzelnen überging. Von dem Senator an bis zu den
Fiscal- und Polizei-Beamten, welche das Reich durchschwärm¬
ten , war Alles der Dienstbarkeit seines Standes verfallen,
wurden die Individuen durch ihre Habe und ihren Stand ihrer
eigenen Freiheit entzogen und der Verfügung des Staates an¬
heimgestellt. So war der Handel gehemmt, der Gewerbfleiß in
Ketten geschlagen, alle Bewegung gelähmt. Nur der Soldaten¬
stand allein brachte Gewinn. Seitdem aber Probus 16,000
Barbaren in das Heer ausgenommen hatte, war dasselbe immer
mehr aus Fremden zusammengesetzt. In älterer Zeit war jeder
Römer Soldat; jetzt konnten die wenigsten römischen Bürger so
frei über sich verfügen, daß sie in den Soldatenstand hätten treten
können. Sonach ging Angriff und Vertheidigung des Reiches
zugleich von den Barbaren aus.
9. Verfall des öffentlichen und Privatlebens.
Der Verfall des öffentlichen Lebens ging mit dem des
Privatlebens Hand in Hand und das eine wirkte auf das an¬
dere immer nachtheiliger zurück. Das ganze Streben jener
Zeit hatte sich nothwendig zu dem einen Theile auf äußerlichen
Schein, Prunk und ein Haschen nach vergänglichen Ehren