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meist beraubt; das eine Auge erblindete ganz, und das andere
sah nur wenig. „In meiner Finstcrniß," —- so schrieb er
1638 — „grüble ich bald diesem, bald jenem Gegenstände der
Natur nach, und kann meinen rastlosen Kopf nicht zur Ruhe
bringen, so sehr ich es auch wünsche. Diese immerwährende
Beschäftigung meines Geistes benimmt mir fast gänzlich den
Schlaft und schadet meiner Gesundheit; cs ist nicht genug, daß
ich des Gesichts beraubt bin; meine Augen thränen unaufhör¬
lich, was mir unerträgliche Schmerzen verursacht." 1640
schwand ihm auch das letzte Licht; die Augen, die so viel ge¬
sehen, so viel entdeckt hatten, waren für immer geschloffen.
Ec starb endlich im 78stcn Jahre 1642.
Zweite Periode.
Von dem Ausbruche des 30jährigen Krieges bis
zu Friedrich dem Großen. 1613 — 1740.
83. Der dreißigjährige Krieg 1618 — 48. — Ferdi¬
nand 2. 1616 — 37. und Ferdinand 3. 1637 — 1657.
1. Unruhen in Prag.
Es ist schon erzählt worden, daß Kaiser Rudolph den böhmi¬
schen Ständen 1611 den Majestätsbrief hatte ertheilcn müssen,
wodurch sie das Recht erhielten, neue Schulen und Kirchen an¬
zulegen. Nun fingen die Bürger de Stadt Braunau an,
eine neue Kirche zu bauen; der Abt aber widersetzte sich, und
bewirkte einen Befehl von Prag aus, daß der Bau eingestellt
werden sollte. Dessenungeachtet bauten die Bürger immer fort;
als aber die Kirche fertig war, nahm er ihnen den Schlüssel
dazu, und da sie darüber viel Aufhebens machten, wurden gar
einige der ärgsten Schreier ins Gcfängniß geworfen. Etwas
Achnliches geschah im Städtchen Kloster grab, welches dem
Erzbischof von Prag gehörte. Auch hier wurde den Einwohnern
der Fortbau untersagt, und da sie sich nicht an das kaiserliche
Verbot kehrten, so ließ der Erzbischof die Kirche verschließen, und
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