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X. Das Kommen einer neuen Zeit. 
denen gierigfrcssende Geier in dichten Schwärmen saßen. 
Zu Hunderten und Tausenden verschmachteten sie in den 
üppigen Pflanzungen neben den Schwelgertafeln der 
müssigen Kolonisten. Wenn sie sich aber ob der uner¬ 
träglichen Tyrannei zu Verschwörungen zusammenrotteten, 
so wurden sie noch zu ganzen Massen, oft erst nach grä߬ 
licher Marterung, von Menschenhand hingewürgt und 
aus Rachsucht zuweilen ganze Stämme ausgerottet. So 
lichtete sich die eingeborne Bevölkerung in kurzer Zeit 
ganz erschrecklick. Kolumbus hatte auf Haiti wohl 
eine Million Menschen getroffen; nach fünfzehn Jahren 
waren etwa noch 60,000 davon vorhanden. Es ist aber 
auch begreiflich, daß der Spanische Name den Indianer 
ein Fluch werdeu mußte. Als ein Priester einen zum 
Fenertode verurtheilten Kaziken noch mit Schilderung der 
Paradiesesfreuden zum Christenthum bekehren wollte, fragte 
derselbe, ob im Paradiese auch Spanier wären? 
„Ja, antwortete der Priester, aber nur gute." Da 
sagte der Kazike: „Die besten taugen nichts! Ich mag 
nicht bin, wo ich diesem verfluchten Geschlecht be¬ 
gegne!" 
Die Geistlichen — das muß man sagen — hatten 
im Allgemeinen doch noch am ersten Mitleid mit den 
Unglücklichen. Besonders verdient hier der Priester las 
Casas, später Bischof zu Chiappa in Mexiko, gerühmt 
zu werden, welcher sein ganzes Leben dem Bemühen wid¬ 
mete, ihr hartes Loos zu lindern. Aber aus Erbarmen 
mit seinen geliebten Amerikanern billigte der fromme 
Mann einen Rath, der einen neuen und den ärgsten 
Frevel der Menschheit herbeiführte. Weil nämlich die 
schwächlich gebauten Amerikaner von der schweren 
Arbeit so schnell aufgerieben wurden, fiel man darauf 
und schlug vor, den starken Neger aus Afrika zu 
derselben herü b e rz u holc n. Das fand allgemeine 
Zustimmung und so entspann sich der abscheuliche 
Sklavenhandel mit den Negern in furchtbarer 
Ausdehnung; Millionen dieser Armen wurden aus ihrer
	        
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