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worden, und xin Mitglied, welches für ihn reden wollte, 
wurde vom Nednerstuhl gestoßen, ein anderes aber schlug vor, 
daß sie alle aufs Neue die Aufrechthaltung der bisherigen Ver¬ 
fassung beschwören sollten. Vergebens widersprachen seine we¬ 
nigen Freunde; selbst sein Bruder, Lucian Bonaparte, 
damals Präsident dieses NatheS, mußte den Eid leisten, und 
eben sollte über die Achtserklärung des Generals abgestimmt 
werden, als er selbst mit entblößtem Haupte eintrat. Die 
ihn begleitenden Grenadiere blieben vor der Saalthüre stehen. 
Es empfing ihn ein verwirrtes Geschrei: „ein General! was 
will Bonaparte hier? Hier ist nicht euer Platz! Außer dem 
Gesetz! Nieder mit dem Diktator!" Und ehe er noch zu 
Worte kommen konnte, stürzten Viele wüthend mit geballten 
Fausten auf ihn ein, ja Einige sollen gar Dolche gegen ihn 
gezückt haben. Als aber die Grenadiere den Tumult hörten, 
traten sie ein, und entrissen ihn der Wuth seiner Feinde. Lei¬ 
chenblaß vor Schrecken, gab er schon Alles verloren. Aber 
Murat sprach ihm Muth ein. Geschwind faßte er sich, ließ 
die Grenadiere einen Kreis um sich schließen, und sprach: 
„Soldaten! man durfte hoffen, der Rath der 500 würde das 
Vaterland retten; aber nein! er giebt es allen Verwirrungen 
preis. Ich habe Feinde. Soldaten! kann ich auf euch zah¬ 
len?" — „Hoch lebe Bonaparte! " war ihre Antwort. Nun 
schickte er einen Hauptmann mit zehn Mann in den Saal, 
seinen bedrängten Bruder den Händen der Versammlung zu 
entreißen. Lucian schwang sich, als er sich gerettet sah- aufS 
Pferd, und rief, indem ec davon sprengte, den Soldaten zu: 
„General und Grenadiere! Aufrührer haben die Freiheit der 
Beralhung dnrch Dolchstöße gestört. Der Präsident gebietet 
euch, sie mit Gewalt zur Ordnung zu bringen. Der Nalh 
der 500 ist aufgelöst." Sogleich befahl Bonaparte, daß Mu¬ 
rat mit geschloffener Colonne in den Saal rücke, und die Ver¬ 
sammlung aus einander treibe. Die Trommeln wurden ge¬ 
schlagen, die Saalthüren aufgeriffen, und die Soldaten rückten 
mit gefälltem Bajonett ein. Kein Widerstand war hier mög¬ 
lich. Die Mitglieder wurden an die Wände gedrückt, die
	        
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