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50. Philipp August und Richard Löwenherz. —
Heinrich 6.
König Ludwig 7. von Frankreich hatte eine stolze, herrsch¬
süchtige Frau, Eleonc ra. Sie hatte ihrem Gemahl, beson¬
ders wahrend seines Kreuzzugs, auf welchem sie ihn begleitete,
viele Kränkungen zugefügt, so daß er sich nach seiner Rückkunft
von ihr schied. Sie heirathete darauf den Grafen Heinrich
Plantagenet von Anjou, und brachte ihm ihre reichen
Güter, die sie in Frankreich besaß (Guienne und Poitou, der
südwestliche Theil Frankreichs), zu, und machte ihn schon dadurch
zu einem sehr mächtigen Herrn. Aber bald darauf erbte er
auch noch den englischen Thron, so daß er zugleich England und
fast die Hälfte von Frankreich besaß, und nun für den König
von Frankreich ein sehr gefährlicher Nachbar wurde. Wegen
seiner Besitzungen in Frankreich war dieser Heinrich 2. ein
Vasall des Königs dieses Landes, und doch war er bei weitem
mächtiger als sein Lehnsherr. Das gab natürlich zu vielen
Streitigkeiten Anlaß. Die folgenden Könige von Frankreich
suchten die Engländer nach und nach aus dem Reiche zu ver¬
drängen; diese wollten sich aber nicht verdrängen lassen, und
so war denn der Stoff zu vielen blutigen Kriegen, gegeben,
welche im 12ten, 13ten, 14ten und 15ten Jahrhundert zwischen
beiden Nachbarnationen geführt wurden. Hätte Ludwig 7. seine
Gemahlin Eleonora behalten, so wären diese Kriege vielleicht
ganz vermieden worden. So bringen kleine Vorfälle oft große
Begebenheiten hervor.
Als die Nachricht von der Eroberung von Jerusalem durch
Saladin nach Europa gekommen war, gelobten der damals
schon bejahrte Heinrich 2. und der junge König von Frankreich
Philipp August, Ludwigs 7. Sohn, einen Kreuzzug, und
Beseitigung ihrer Streitigkeiten während desselben. Während
sie sich noch dazu rüsteten, starb Heinrich vor Aerger über seine
Söhne. Richard Löwenherz hieß der eine, Johann ohne
Land der andere. Die Beinamen erhielten sie erst später.
Diesen hatte der Vater vor dem doch besser gesinnten Richard
begünstigt. Darum empörte sich Richard gegen seinen Vater.
Heinrich bekämpfte mannhaft den ungehorsamen Sohn. Als