— 74 —
bekommen. Ihr braucht euch vor niemand mehr zu fürchten. Räumet
im Hause fein wieder auf, ich werde mein Quartier bei euch nehmen!"
Er stellte noch zwei Posten vor das Haus, die keinen mehr hinein¬
lassen sollten, und ritt dann fort, mit dem Versprechen, bald wieder
zu kommen und nach uns zu sehen.
Alle, die nun in unser Haus wollten, wurden von unserer
Wache zurückgetrieben, und wenn auch etliche dabei einen losen Mund
hatten und meinten, der Lilly hätte ihnen ja erlaubt, drei Tage
lang zu plündern, zu rauben und totzuschlagen, so hüteten sie sich
doch, einzudringen, sobald sie hörten, daß der Oberstwachtmeister vom
Savellischen Regiments hier sein Quartier hätte. Sie forderten nur
zu trinken und gingen alsbald weiter. Unfern Schuhwachen setzten
wir kalten Braten vor und eine frische Kanne guten Bieres. Das
schmeckte ihnen so vortrefflich, daß sie meinten, es wäre ein köstlicher
Trank, wir sollten davon so viel wie möglich dem Herrn Obersten
aufheben. Hernach klagten sie: „Was haben wir nun? wir können
keine Beute machen, da wir euch beschützen müssen!" Wir aber redeten
ihnen gut zu und gaben einem jeden zwei Dukaten, thaten ihnen auch
sonst, so viel wir konnten, so daß sie wohl zufrieden waren.
Unser Oberst kam bald zurück und fragte, ob wir auch noch in
Ruhe gelassen würden. Als wir mit ja antworteten, meinte er:
„Seid guten Mutes! ich will nur hinreiten und sehen, ob wir
des Feuers, das ausgekommen ist, nicht Herr werden können!" Kaum
aber war er fort, so kehrte er auch gleich wieder zu uns um und
ries: „Frau, nehmet den Zaum meines Pferdes und euren Mann
bei der Hand und führet mich zur Stadt hinaus, oder wir müssen
alle im Feuer umkommen!" Das Feuer hatte wirklich gewaltig über¬
hand genommen; hinter unserer Kirche sah man auf dem Breiten
Wege dicken, schwarzen Rauch aufsteigen. Alles, was wir in der
Eile noch fassen konnten, warfen wir in den Keller, auch meinen
Schlafpelz, den wir hernach gut genug hätten gebrauchen können, und
schütteten ein wenig Erde auf die Fallthür. Meine Frau nahm
einen von meinen Predigerröcken über die Achsel, obgleich ich ihr
solches zu verwehren suchte, da er sehr schwer war, unsere Magd
aber das Kind unsers Gevatters und Nachbars, Joachim Krüger, ans
den Arm, das ganz allein aus der Straße war und sonst verbrannt
wäre, und also traten wir unsere Wanderung an. Meine Frau
leitete des Obersten Pferd am Zaum; alle Thorgebäude standen schon
in Flammen, und wir konnten nirgends hindurch. Deshalb gingen
wir auss Fischeruser zu und konnten unterwegs wohl bemerken, daß
schon die halbe Stadt brannte. Überall lagen Leichen von Er¬
schlagenen. Wir stießen auch auf viele Kroaten, die, sobald sie mich an
meinem Rock als Prediger erkannten, gleich ans mich hauen, schießen
und stechen wollten. Der Oberst hatte Mühe genug, uns zu schützen.
Als wir nun endlich draußen im Lager und aus dem mörderischen
und gottlosen Treiben in einiger Sicherheit waren, sagte der Ossizier:
„Frau, ich habe euch und eurem Manne das Leben gerettet, was be¬
komme ich nun dafür?" Wir antworteten, daß wir unsern ganzen