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für das Heer zum Lode weihe!" Das geschah. Er schwang sich
auf sein Pferd, hüllte sich in seinen Kriegsmantel, sprengte mitten unter
die Feinde, und fand den gesuchten Tod. Beide Heere, welche die
Weissagung kannten, wurden dadurch sehr verschieden bewegt. Wäh¬
rend die Latiner den Muth sinken ließen, hielten sich die Römer für
unbesiegbar, und warfen den Feind in die Flucht. Eine in einer zwei¬
ten Schlacht erlittene neue Niederlage vollendete die Besiegung der
Latiner, die sich nun dem Befehle der Römer unterwarfen. Mehrere
latinische Städte wurden mit dem römischen Gebiete vereinigt, andere
mußten sich gefallen lassen, römische Colonien zu werden. So hörte
die Selbstständigkeit der Latiner auf.
Die Waffenruhe währte nicht lange. Die Samniter hatten jenen
Frieden nur aus Noth geschlossen, und zwischen ihnen und den Rö¬
mern konnte als Nachbarvölkern, da Rom nach immer größerer Aus¬
dehnung strebte, nicht eher dauernder Friedenszustand seyn, als eins
der beiden Völker danieder lag. Beide wollten den Krieg, und doch
schob jedes die Schuld auf das andere. Dieser zweite Samniter-
krieg war von 326 — 304. Nachdem sich in den ersten Jahren das
Kriegsglück wie gewöhnlich für die Römer entschieden hatte, wurde
das Jahr 321 durch einen großen Schimpf derselben bezeichnet. Die
beiden Consuln (Veturius Calvinus und Spurius Posthumius) mach¬
ten sich mit ihren Heeren von Campanien über das Gebirge auf den
Marsch, um ins Innere von Samnium einzudringen, und eine Stadt
(Luceria), die von den Samnitern bedrängt wurde, zu entsetzen. Da
sie, durch Kundschafter getäuscht, das Heer der Samniter entfernt
glaubten, so schlugen sie den näheren, aber gefährlichen Weg unbe¬
denklich ein. Dieser Weg führte durch einen langen Engpaß, die
caudinischen Schlünde genannt. Sorglos, ungeordnet, mit dem
Gepäck untermischt, zogen die Soldaten durch einen engen Weg in ein
etwas weiteres Thal. Als sie aber durch den jenseitigen Paß weiter
ziehen wollten, fanden sie diesen fest verrammelt, und zugleich gewahr¬
ten sie die Samniter in dichtem Haufen auf den umgebenden Höhen,
hohnlachend auf die eingeschlossenen Römer hinabschauend; denn schon
war auch der Rückweg diesen versperrt. Nachdem sie vergebens durch¬
zubrechen versucht hatten, bezogen sie in großer Beängstigung ein Lager.
Da aber der Hunger immer dringender mahnte, und die Samniter
nicht wichen und wankten, so schickten die Consuln Abgeordnete an
den sehr umsichtigen Anführer der Samniter, Pontius, und baten
um Frieden. Pontius ließ seinen Vater, den alten Herennius, der
wegen seiner Weisheit in großem Ansehen stand, fragen, was er thun
solle. Herennius antwortete, er solle die Römer ungekränkt entlassen,
weil dann die Samniter auf ihre Dankbarkeit würden rechnen können.
Da aber Pontius diesen Rath verwarf, so ertheilte jener einen zweiten: