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auf starb. Bekanntlich sind die Neapolitaner die feigsten Soldaten in
Europa. Beim Anblicke der Franzosen ergriffen sie die Flucht, und
Karl hielt in Neapel seinen Einzug, wahrend Ferdinand nach der
nahen Insel Ischia (spr. Iskia) floh. Die Herabsetzung der Abga¬
ben und die Veranstaltung von Volksfesten erwarben ihm anfangs
die Liebe des Volks; aber der Uebermuth und die Sittenlosigkeit er¬
regten bald allgemeine Erbitterung. Zugleich bildete sich im Rücken
Karls eine mächtige Verbindung gegen ihn. Eifersüchtig auf das
Glück der Franzosen, verbanden sich gegen sie: Papst Alexander 6.,
die Venetianer, Ludwig Moro, Kaiser Maximilian und Ferdinand der
Katholische; sie schlossen in Venedig einen Bund zu gemeinsamer Be¬
kämpfung Karls. Dieser, besorgt, daß man ihm den Rückzug ab¬
schneiden möchte, machte sich mit der Halste seines Heeres auf den
Rückweg. Wirklich fand er bereits ein Heer von Mailändern und
Venetianern am Taro im Parmesanischen aufgestellt. Es kam zur
Schlacht bei Fuvrnuovo (spr. Fornovo) 1495; Karl schlug sich
zwar durch, aber die in Neapel zurückgelassene Heeresabtheilung unter
dem Herzoge von Montpensier mußte sich vor dem zurückkehrenden
König Ferdinand, für welchen die Einwohner der Stadt einen Auf¬
ruhr erregt hatten, aus Neapel zurückziehen, und fast kein Franzose
sah sein Vaterland wieder, weil sie fast alle einer ekelhaften Seuche
erlagen. So kläglich und furchtlos endete Karls 8. Zug nach Neapel.
Er dachte auf Rache; aber noch ehe er diese vollziehen konnte, starb
er 1498 unerwartet.
Um diese Zeit zog ein religiöser und politischer Schwärmer in Ita¬
lien die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich, Girolamo Savonarola.
Schon vor dem Zuge Karls hatte er, Prior eines Dominikanerklo¬
sters, sich durch seine strenge Religiösität und seine feurigen Predigten
auszeichnet, in denen er die Sittenlosigkeit, besonders der Geistlichen,
scharf tadelte, und auf eine gänzliche Verbesserung der Kirche drang.
Ein solcher Mann würde noch heute den Unwillen des Papstes und
seines Anhangs auf sich ziehen, wie viel mehr damals! Das Volk
dagegen hing ihm an, und hielt ihn für einen Propheten, seitdem die
Franzosen, wie er vorhergesagt, in Italien eingefallen waren. Er
bewirkte nach der Vertreibung Peters von Medici die Einführung
einer demokratischen Verfassung, und drang mit solchem Nachdruck auf
Verbesserung der Sitten, daß der größte Theil der Florentiner sich
seinen strengen Anordnungen unterwarf, und Spielkarten, anstößige
Bücher, ja selbst musikalische Instrumente öffentlich verbrannt wurden,
und die Fleischer über Mangel an Absatz des vielen Fastens wegen
klagten. Vergebens suchte Papst Alexander den kühnen Reformator
durch Güte, selbst durch das Versprechen des Cardinalshutes zum
Schweigen zu bringen; ebenso wenig wirkte das Verbot des Predi-