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Wachsthum Preußens.
bedeutender Staat in Deutschland, nämlich Preußen, und zwar durch
Friedrich den Großen. Preußen ist jetzt einer der fünf bedeutsamsten
Staaten in ganz Europa; aber die Anfänge desselben waren sehr un¬
scheinbar. König Heinrich der Große, welcher 919 —936 regiertes grün¬
dete, wie S. 136 erzählt worden, längs der Elbe hin mehrere Graf¬
schaften gegen die benachbarten Slavenstämme. Eine derselben ward die
Nord mark (d. h. die im Norden gelegene Mark oder Grenze; denn
Mark heißt Grenze) genannt. Sie lag an der Elbe, nördlich von
Magdeburg, und ist als das Stammland des jetzigen Königreichs
Preußen zu betrachten. Die Markgrafen drängten nämlich die Slaven
bis über die Oder zurück und dehnten dadurch ihr Gebiet immer weiter
aus. Unter den deutschen Fürsten nahmen sie eine der höchsten Stellen
ein, sie waren Kurfürsten geworden und hatten Theil an der Kür,
d. h. Wahl, des deutschen Kaisers. In demselben Jahre, welches uns
durch das traurige Geschick des Huß denkwürdig geworden ist, nämlich
1316, gelangte die Kurmark in den Besitz der Grafen von Hohen-
zollern. Unter allen Kurfürsten aus diesem Hause strahlt vornehm¬
lich Friedrich Wilhelm hervor (1630 —1688), welcher deshalb auch die
ehrende Bezeichnung der große Kurfürst erhalten hat. Zur Nord¬
mark waren im Laufe der Jahrhunderte viele wichtige Länder hinzuge¬
kommen. Der Kurfürst gebot über alles Land zu beiden Seiten der
Havel bis an die Elbe und Oder und darüber hinaus; es gehörten ihm
ansehnliche Länder im westlichen Deutschland am niedern Rhein, ferner war
ein großer Theil von Pommern ihm zugefallen und auch den größten Theil
des Herzogthums Preußen hatte er erlangt. Mit Bewilligung des deut¬
schen Kaisers nahm der Sohn des großen Kurfürsten, Friedrich, von
dem letztgenannten Lande den Königstitel an im I. 1701 und nannte
sich nun König in Preußen, (s. S. 278.) Da war das Haus der
Hohenzollcrn von neuem Glanz umflossen; bald sollte auch ein Fürst
auf den Thron gelangen, der zu diesem Glanze noch herrlicheren Ruhm
hinzufügte. Es war der Enkel des genannten Friedrich. In der Reihe
der Könige ist es Friedrich II., in der Geschichte heißt er Friedrich
der Große, manche nennen ihn auch Friedrich den Einzigen.
Das Volk aber nannte ihn in seiner herzigen Weise am liebsten den
alten Fritz und es wird wol nur wenige rechte Preußen geben, die
nicht das Bild des alten Fritz, das in Millionen Abbildungen verbreitet
ist, sogleich auf den ersten Blick kennten, und bald dies, bald jenes
von ihm, der ein Mann des deutschen Volkes geworden, zu erzählen
wüßten.
tz 193. Er ist natürlich nicht immer der alte Fritz gewesen, son¬
dern er hat auch seine Jugend gehabt und zwar eine nicht ganz