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Der siebenjährige
sich ihm nicht. Es kam zu einer zweiten Schlacht. Bei Kollin (an
der linken Seite der Elbe, östlich von Prag) trafen die Heere zusam¬
men. Der König meinte, er müsse siegen, und hörte auf die Ein¬
wände nicht, die ihm ohne Rückhalt von vielen Generälen gemacht wur¬
den; aber diesmal entschied das Kriegsglück gegen ihn. Er verlor die
Schlacht, verlor mit ihr zugleich die Hoffnung, Prag zu erobern; sah
sich genöthigt, Böhmen zu verlassen; sah Schlesien von den Oestreichern
bedrängt; vernahm die Kunde, daß die Russen in Preußen eingefallen
seien und gesiegt hätten; erhielt die Botschaft, daß die Franzosen, die
über den Rhein, über die Weser gekommen waren, gegen Sachsen her¬
anrückten und daß ein östreichischer General sogar einen Streifzug nach
Berlin unternommen habe. Von allen Seiten her kamen die Unglücks¬
boten, und nirgends fand das spähende Auge den Schimmer eines
Hoffnungssternes. An der Lausitzer Reiße, bei Görlitz, hatte der König
sich verschanzt. Von hier aus marschierte er den Franzosen entgegen.
Durch Sachsen führte er sein Heer und kam bis an die Saale; schon
waren die Städte Weißenfels, Merseburg und Halle, die an diesem
Flusse' liegen, besetzt. Südlich von Merseburg, auf Weißenfels zu, in
-der Nähe von Roßbach, bezog er ein festes Lager. Sein Häuflein
war klein; der Feind an Zahl ihm dreifach überlegen, und ach, von
welchem Uebermuth erfüllt! Sagten doch die Offiziere nach Art leicht¬
sinniger Franzosen witzelnd: „Man erweist dem Herrn Markgrafen von
Brandenburg viel Ehre, daß man eine Art Krieg mit ihm führt."
Des Sieges dünkten sie sich so sicher, daß sie schon darüber nach Frank¬
reich berichteten und dorthin meldeten: Friedrich werde bald als Ge¬
fangener in Paris eintreffen. Ihr Anführer, Soubise, hatte nur Eine
Sorge, nämlich, daß der König aus Furcht ihnen entwischen möchte.
Aus! Betrachten wir unfern König Friedrich, wie der sich fürchtet
vor den Franzosen! Er sieht es, daß die Feinde Miene machen, ihn
zu umgehen; doch kümmert ihn dies wenig. Es war am 5. Novem¬
ber 1737, als gegen Mittag von den Feldwachen die Nachricht ein¬
lief: der Feind sei in Bewegung; ein Rapport (d. h. ein militärischer
Bericht) folgte dem andern; Friedrich blieb ruhig; er ließ die Tafel an-
richten, um das Mittagsmahl zu halten, als ob kein Feind da wäre.
Der Generalmajor von Seydlitz, ein noch junger Mann, aber ein ge-
borner Feldherr, schickt insgeheim feinen Adjutanten nach dem Lager,
mit dem Befehl, die Cavalerie solle sich sattelrecht halten; denn er sah
voraus, was leicht kommen könne. Wiederum läuft ein neuer Bericht
ein: die Feinde rücken näher. Darüber ist Friedrich fast unwillig; er
begiebt sich selbst mit allen Generälen in die obern Zimmer des Schlos¬
ses zu Roßbach und sieht allerdings, daß Gefahr im Verzüge ist. Rasch