Full text: Lesebuch für die obere Klasse katholischer Stadt- und Landschulen

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Friedrich Wilhelm I. Friedrich der Große. 
Ordensland als ein lehn bares Herzogthum erhielt. Nach 
dem Tode seines Sohnes kam nun das Herzogthum Preußen an 
das brandenburgische Haus unter Johann Sigismund. 
■£?. Friedrich Wilhelm I. Friedrich der Große. 
Unter Friedrich L vergrößerte sich der preußische Staat 
durch glückliche Umstände. Es fielen ihm bedeutende Gebiete im 
nördlichen Deutschland als Erbschaft zu. Sein Nachfolger Fried¬ 
rich Wilhelm I. war ein abgesagter Feind aller Pracht und 
Verschwendung und gab das Beispiel großer Sparsamkeit und 
Enthaltsamkeit. Von den hundert Kammerherrn seines Vaters 
behielt er nur zwölf. In seinem Haushalte führte er bedeutende 
Ersparungen ein; er aß nur gewöhnliche Kost, und mancher reiche 
Bürger brauchte mehr auf Speise und Kleidung, als er. Dabei 
war er die Thätigkeit selbst, sah nach Allem, verlangte von andern 
dieselbe Pünktlichkeit, die er besaß, und wehe dem Beamten, den 
er nachlässig betraf. Nicht selten wandte er ohne Umstände Stock¬ 
prügel und Faustschläge an. Ueberhaupt war er hart, herrisch 
und verlangte unbedingten, blinden Gehorsam. Sein Geist hatte 
nicht die Bildung erhalten, die seine hohe Stellung erforderte. 
Den Gelehrten zeigte er sich nicht gewogen, und es war ihm eine 
rechte Freude, wenn er sie lächerlich machen, oder ihnen sonst einen 
Streich spielen konnte. Am Kriegswesen hing er mit ganzer 
Seele; er wohnte täglich den Uebungen seiner Soldaten bei. Er 
errichtete neue Regimenter und wählte zu seiner Leibgarde recht 
große Leute, die er aus allen Ländern von- Europa mit ungeheuren 
Kosten, oft mit List durch Werber zusammentreiben ließ, und die 
er gut besoldete. Sie waren in beständiger Uebung. Seine 
Kriegseinrichtung wurde ein Muster für andere Staaten. Ferner 
zog er fleißige Ausländer ins Land und schaffte überall Ordnung. 
Wie sein Leben, war auch sein Tod. Auf sein herannahendes 
Ende bereitete er sich mit Ruhe vor. Seinem Sohne Fried¬ 
rich II. hinterließ er einen wohleingerichteten Staat, ein geübtes 
und gefürchtetes Heer und eine volle Schatzkammer. 
Friedrich II. hat es verdient, einen solchen Vorgänger 
gehabt zu haben. Er wußte Alles, was der Vater geschaffen hatte, 
trefflich zu benutzen. Seine Bildung, durch französische Bücher 
und häufigen Umgang mit Franzosen, machten ihn aufmerksam auf 
das, was sein Vater vernachlässigt hatte: auf Beförderung der 
Wissenschaften und Künste, auf Schätzung des denkenden Mannes 
und des erfindenden Geistes. Deutschland war damals gerade 
nicht reich an geistvollen Männern, die deutsche Sprache weniger 
geschmeidig, als die französische. Daher kam es, daß Friedrich
	        
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