Full text: Geschichte Sachsens und seiner Fürsten

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durch einen im Juli 1572 mit ihm abgeschlossenen Vertrag jene früher 
dem Herzog Johann Wilhelm ertheilten Zusicherungen wieder auszu¬ 
heben und zu bestimmen, die unmündigen Söhne Johann Wilhelms 
sollten zwar die Hennebergische Erbfolge behalten, allein nur sieben 
Zwölftel der anheimfallenden Länder erhalten, der Rest aber an Chur¬ 
fürst August kommen, der auch noch ein sechstes Zwölftel von dem 
Weimarer Hause gegen Erlegung einer bestimmten Summe oder Ab¬ 
tretung bestimmter, dieser angemessenen Einkünfte, erwerben dürfe. Nun 
war aber bei dem Tode des Grafen Georg Ernst (27. Deccmber 1583) 
dieser Fall eingetreten und Churfürst August nahm in Folge davon 
dessen Besitzungen nach Maßgabe jener Uebereinkunft in Anspruch; 
allein diese ganze Angelegenheit, bei deren Beurtheilung man Letzterem 
vielfach Unrecht gethan hat, kam erst lange nach Churfürst Augusts 
Tode zur völligen Erledigung. 
Leider wurde aber die lange, sonst so glückliche und für Sachsen 
so segensreiche Regierung des Churfürsten August durch religiöse 
Wirren im Schooße des Protestantismus selbst, getrübt. 
Schon bei den Verhandlungen über die Annahme des Augs¬ 
burger Interim unter Churfürst Moritz hatte Melanchthon in Be¬ 
zug auf manche Ansichten Luthers gegen die Gegner desselben viel¬ 
fache Nachgiebigkeit bewiesen. Seit dieser Zeit war er nun aber bis 
an seinen Tod (19. April 1560) bemüht, den lutherischen Lehr¬ 
begriff dem Calvins möglichst zu nähern, und seine Anhänger zu 
Wittenberg verfuhren in demselben Geiste. Natürlich bildete sich 
bald unter den lutherischen Theologen eine Gegenparthei, die in 
der von der ernestinischen Linie gegründeten Universität Jena einen 
Stützpunct fand, welche der Wittenberger gegenüber gewissermaßen 
-er Sitz der reinen evangelischen Lehre sein sollte. Freilich blieb auch 
das gespannte Verhältniß zwischen beiden stammverwandten Häu¬ 
sern nicht ohne Einfluß auf diese religiöse Spaltung, und Churfürst 
August, der dem Lutherthum an sich streng ergeben war, war des¬ 
halb gegen die Pläne der den Calvinisten sich zuneigenden Parthei 
der Anhänger Melanchthons, an deren Spitze sein Kanzler Georg 
Cracau und sein Leibarzt Casper Peucer standen, weniger auf der 
Hut. Zwar hatten die Wittenberger Theologen in dem von ihnen 
auf des Churfürsten Befehl hinsichtlich des calvinistischen Heidel¬ 
berger Katechismus (1563) aufgesetzten Gutachten sich gegen denselben 
erklärt, allein dafür brachten es Peucer und seine Parthei dahin, 
daß Melanchthons Hauptschriften, welche unter dem Titel Corpus
	        
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