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Der Kaiser rückte nun mit seinem Heere vor das feste Wittenberg,
und forderte dasselbe zur Uebergabe auf, und als dieselbe verweigert
wurde, ließ er über Johann Friedrich durch ein Kriegsgericht das
Todesurtheil aussprechen. Da zeigte aber der Churfürst, der überhaupt
sein Unglück mit großer Standhaftigkeit ertragen hatte, jenen Muth,
der ihm den Beinamen des Großmüthigen verschafft hat, denn als ihm
das Urtheil in demselben Augenblick gemeldet ward (10. Mai 1547),
wo er mit Ernst von Braunschweig, der mit ihm gefangen worden war,
beim Bretspiel saß, forderte er denselben auf ruhig weiter zu spielen,
der Kaiser werde doch darum Wittenberg nicht gewinnen. Gleichwohl
weigerte er sich nicht, nachdem dieser das gegen ihn ausgesprochene
Todesurtheil auf Bitten des Churfürsten von Brandenburg Joachim II.,
des Bruders der Churfürstin Sibylla, Herzogs Wilhelm von Jülich
und Herzogs Moritz zurückgenommen, nun die sogenannte Wittenberger
Capitulation (19. Mai 1547) zu unterzeichnen, laut welcher die
Festungen Gotha und Wittenberg dem Kaiser übergeben werden sollten,
und er sich jeder Bestimmung, die der Kaiser in Beziehung des Chur¬
fürstenthums für ihn und seine Kinder treffen wolle oder schon ge¬
troffen habe, geduldig unterwerfen wolle. Der Kaiser übergab nun
Herzog Moritz den größten Theil der eingezogenen Länder Johann
Friedrichs, König Ferdinand erhielt für die ihm als böhmische Lehen
zugesprochenen Aemter Colditz, Eilenburg und Leisnig das Herzogthum
Sagan, die anheimgefallenen böhmischen Lehen im Vogtlande, wie
Plauen unb einige andere Städte bekam Heinrich V., Titularburggraf
von Meißen, dessen Geschlechte sie schon früher gehört hatten, jedoch so,
daß Moritz und sein Bruder August die Mitbelehnschaft bekamen,
König Ferdinand nahm die Lehnsherrlichkeit über die reußischen Be-
sttzungen Gera, Schlei;, Greiz, Lobenstein und Burg in An¬
spruch und Johann Friedrichs Kindern ward ein jährliches Einkommen
von 50,000 Gulden in einer Anzahl thüringischer Städte, Herrschaf¬
ten und Klöster gesichert, woraus sich für die ernestinische Linie ein
neues Fürstenthum bildete. Johann Friedrichs Bruder Johann Ernst
ward ebenfalls begnadigt, mußte aber von der Pflege Coburg, die nach
seinem Tode an die ernestinische Linie zurückfiel, das Amt Königsberg
an den Markgraf von Kulmbach, der inzwischen ebenso wie der Herzog
Ernst von Braunschweig in Freiheit gesetzt worden war, abtreten.
Nachdem der unglückliche Churfürst (den 1. Juni 154 7) seine
ehemaligen Unterthanen ihres Eides gegen ihn entbunden und an seinen
Nachfolger überwiesen hatte, übergab der Kaiser Herzog Moritz förmlich