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darum auch wohlfeiler ist, und endlich das lästige und zeitraubende
Federschneiden entbehrlich macht. Den ungeheueren Verbrauch dieser
Stahlfedern für die ganze civilisirte Welt mit ihren vielen Hundert¬
tausenden Schulen befriedigt noch allein England mit seinen Fabriken
in Birmingham, wo jährlich viele Tausend Pfd. Eisen zu Stahl¬
federn verarbeitet werden.
So allgemein jetzt die Kunst des Schreibens unter den Menschen
ist, so wenig war sie es in den älteren Zeiten ; nur wenige erleuchtete
und bevorzugte Personen hatten mühsam sich die seltene Kunst an¬
geeignet ; diese Seltenheit des Schreibens hat bis in die letzten Jahr¬
hunderte gedauert. Damals wurden wenig Briefe geschrieben; und
die meisten Menschen, welche Nachrichten in die Ferne zu schicken
hatten, wandten sich zu diesem Zwecke an Menschen, welche das
Briefschreiben als ein Gewerbe trieben. Der Inhalt eines Briefes
darf aber nicht den Augen Aller bloß gestellt werden, in deren Hände
er geräth, darum werden Briefe versiegelt. So wie man nun ein
Material zum Versiegeln der Briefe lange gebraucht hat, so hat man
noch früher ein solches zu der Anfertigung von Siegeln verwandt,
womit man die Echtheit wichtiger Schriften nachwies. Zu solchen
Siegeln bediente man sich in ältesten Zeiten der Siegelerde, eines
röthlichen fetten Thones, welcher davon seinen Namen führt; wie
die egyptischen Priester solche Siegel an die Hörner der zum Opfer
bestimmten Ochsen, und viel später die griechischen Kaiser sie noch
unter ihre schriftlichen Ausfertigungen setzten. Die Römer bedienten
sich des Wachses zum Siegeln, welches später verschieden gefärbt
wurde. Danach kam man darauf, mit Kitt oder dickem Mehlkleister
zu siegeln, und obgleich man unsere Oblaten schon früh kannte, so
hielt man es doch für eine Entweihung, sie zum Siegeln zu verwen¬
den, weil sie zum heiligen Gebrauch bestimmt waren. In Sach¬
sen-Weimar wurde der Gebrauch der Oblaten zum Siegeln noch
im Jahre 1716 obrigkeitlich verboten; aber im Jahre 1742 wurde
diese Art des Siegelns in demselben Lande den Behörden vor¬
geschrieben.