Full text: Geschichte der Arbeit und Kultur

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hervorbrachte, so fingen Menschen an, sich ausschließlich mit dem 
Anbau des Getreides zu beschäftigen. An fruchtbaren Stellen des 
Erdbodens begann dieser Anbau; der Eigenthümer der Saat mußte 
in der Nähe derselben feste Wohnung nehmen, um sie vor Zerstö¬ 
rungen, welche ihr in großer Menge drohten, zu hüten, und so 
wurde aus dem beweglichen Zelt des Nomaden die feste Hütte des 
Landbauers. 
In der Umgebung derselben wurden ihm alle Gegenstände liebe 
und vertraute Bekannte; hier wurde seine Erkenntniß die genaueste 
und sicherste und hier fanden die Regungen seines Herzens ihre 
meisten Gegenstände; hier verlebte er Leiden und Freuden seines 
Erdendaseins; hier wurde seine Nachkommenschaft geboren, in deren 
Hände sein liegendes Eigenthum übergehen sollte, und hier hatte 
der Mensch Aussicht, sein letztes Stündlein schlagen zu hören. Un¬ 
ter solchen Umständen mußte ein solcher Fleck der Erde den Men¬ 
schen besonders lieb und werth werden; es entstand bei ihm die 
Heimathöliebe, welche sich allmählig zur Vaterlandsliebe erweiterte. 
Diejenigen Menschen, mit welchen der Ackerbauer die mächtigen 
Gefühle seiner Brust, Heimaths- und Vaterlandsliebe, gemein hatte, 
wurden ihm lieb und werth vor anderen; mit ihnen vereinigte er 
sich zum Schutz und Schirm der gemeinschaftlichen Güter, zumal da 
ihnen fast immer dieselben Gefahren drohten, und so wurde der 
Ackerbau das Mittel, ein weiteres Band der Liebe und Freundschaft 
um viele Menschen zu schlingen, des Menschen Sinn und Sorge für 
das Wohl eines großen Gemeinwesens zu wecken und zu erhalten. 
Der Nomade war seinem streitsüchtigen Nachbar ausgewichen, um 
sich anderswo friedliche zu suchen; der Ackerbauer konnte dieses nicht, 
er war gebannt an die Scholle, welche er bebaute; darum mußten 
Einrichtungen gemacht werden, den entstehenden Streit unparteiisch 
zu schlichten, und so rief der Ackerbau auch zuerst Anstalten der Ge¬ 
rechtigkeit und der Rechtspflege hervor. Solche Fingerzeige mögen 
genügen, um zu zeigen, daß der Ackerbau vielfach die Antriebe gab, 
die Menschen auf eine höhere Stufe der Veredelung zu heben, und
	        
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