Die Großmutter antwortete nicht darauf, sondern fuhr ihm nur
lächelnd mit der Hand durch das dicke, krause Haar. Dann fuhr
sie fort.
„Nun war es einmal an einem kalten Novemberabend so wie
heute. Wir Kinder hatten uns noch ein Weilchen behaglich in unsern
warmen Betten unterhalten, dann ward eins nach dem andern still
und kehrte sich der Wand zu, um einzuschlafen. Eben wollte ich
das auch tun, als ich ein tiefes, sonderbares Schnarchen vernahm.
„Wer schnarcht denn da so?“ rief ich.
Ich nicht!“ klang es von allen drei Betten zurück.
Es ward wieder still, aber das Schnarchen dauerte fort.
Hes, du schnarchst! rief ich.
Ich schnarche nicht. Du wirst es wohl selber sein!“
Dann ist es Tanne.“ — „Ich schnarche nicht.“
„Und ich narche auch nicht,“ setzte Nolly hinzu, der das sch
noch nicht aussprechen konnte.
„Aber es schnarcht doch jemand! Seid einmal alle still!“ Alle
hielten den Atem an, das Schnarchen ließ sich deutlich vernehmen.
„Es kommt unter Tannes Bett hervor!“ rief Hes.
Tanne, spring aus dem Bett und rufe den Vater! sagte ich.
Das tu ich nicht, es packt mich sonst an den Füßen. Geh du
lieber, Nena!“
„Bist du gegangen, Großmutter?“ fragte Ernst gespannt.
„Ich hatte auch keine Lust dazu,“ meinte die Großmutter.
„Als aber jetzt ein Geräusch unter dem Bett entstand, als ob
jemand darunter hervor wollte, da war es mit allem Besinnen bei
uns vorbei. Mit ein paar Sätzen standen wir alle vier mit bloßen
Füßen an der Tür und ließen ein so gewaltiges Geschrei ertönen,
wie es eben nur vier erschreckte Kinder ertönen lassen können.
Der Vater und die Mutter erschraken nicht wenig, als sie das
Geschrei hörten. Der Vater stieß fast die Lampe um in der Eile,
um uns zu Hilfe zu kommen. In einem Augenblick war er bei
uns. ,Was gibt's? Was ist geschehen?“
„Es schnarcht jemand unter Tannes Bett! Es muß ein Dieb
sein! „Unsinn! Ein Dieb wird doch nicht schnarchen. Macht nur
zuerst, daß ihr wieder in die Betten kommt, ihr könnt euch ja auf
den Tod mit den bloßen Füßen erkälten!“
33
R