Contents: Deutsche Fürsten- und Ländergeschichte, deutsche Reformationsgeschichte (Band 2)

14. Volksleben in Stadt und Land. 173 
stein über 7000 Stück jährlich entrichtet wurden. Die Bienenzucht steuerte 
der Kirche Wachs und Kerzen, sowie den Feinschmeckern Honig. Trat 
Mißwachs ein, oder befand sich eine Wöchnerin im Hause, so wurde der 
Zins oft geschenkt oder ermäßigt; blieb er aber ohne triftigen Grund aus, 
so erfolgte harte Strafe. Auch die Kinder ans Ehen zwischen Freien und 
Zinspflichtigen wurden Leibeigene. Nach dem Tode eines solchen nahm der 
Herr das „Besthaupt" (beste Stück Vieh) und „Bestgewand" weg, ein Recht, 
das später mit Geld abgelöst wurde. Die Stellung der Eigenen war nur 
eine dienende, und, da sie kein Interesse am Boden hatten, so wurde dieser 
nur dort gut bebaut, wo sie in größerer Anzahl vorhanden waren und sich 
von seinem Ertrage nähren mußten. Es war noch viel zu thun. Noch 
immer wurden Wälder ausgerodet und mit ihnen wilde Tiere vernichtet, 
von denen jedoch im zwölften Jahrhundert nur noch Bären, Wölfe und 
Luchse häufig waren. 
Auch war die Natur dem Anbauen noch lange Zeit hinderlich. Dies 
gilt namentlich von den Alpen und den Meeresküsten, sowie von den 
Wäldern und Sümpfen zwischen beiden. In Niedersachsen, an den Gestaden 
-er Nordsee und ihrer Zuflüsse waren es Ansiedler aus den Niederlanden, 
welche die ihnen seit uralten Zeiten vertraute Kunst des Eindämmens der 
Fluten und der Entwässerung des Bodens segensreich übten. 
Noch mehr aber als die Elemente und die wilden Tiere trugen die 
Fehden jener Zeit zum Verderben des Landvolkes bet; ganze Gegenden 
wurden durch sie oft derart verwüstet, daß eine große Menge von Dörfern 
für immer verschwand. Aber auch ohne Fehden geschah dies, wenn weltliche 
und geistliche Herren ihre Güter vergrößern wollten und zu diesem Zwecke 
Dörfer, welche ihrem Vorhaben hinderlich waren, „eingehen ließen". Es 
scheint indessen, daß dies meist nur dann geschah, wenn die Bevölkerung 
der Dörfer durch Flucht der Leibeigenen in die Städte oder durch Aus¬ 
wanderung von Freien nach den in ehemals wendischen Ländern aufblühenden 
östlichen Ansiedlungen stark abgenommen hatte. Die Zustände erschreckten 
die Grundherren aber dermaßen, daß sie weitere Verödung ihrer Ländereien 
seit Mitte des vierzehnten Jahrhunderts durch vermehrte Freilassungen Leib¬ 
eigener oder durch Milderung ihrer Lasten vorzubeugen suchten. 
Es ist höchst schwierig, über das Leben der Bauern in jener Zeit etwas 
Authentisches zu erzählen. Da sie selbst nicht zu schreiben verstanden, 
konnten sich auch keine eigenen Berichte über sich hinterlassen; und das, was 
über sie geschrieben wurde, rührte von ihren Todfeinden, den Edelleuten 
und Städtern, her. Sie erscheinen uns in diesen gewiß parteiischen Über¬ 
lieferungen als roh, tölpelhaft, widerhaarig, falsch, boshaft, und sobald sie 
etwa Reichtum erlangen, als verschwenderisch und hochmütig, beides in 
alberner, ungeschickter Weise. Damit wird die Wirklichkeit zum Teil gewiß 
nicht unrichtig gezeichnet sein, da sowohl der Druck, der auf den Bauern 
lastete, wie auch die Lebensverhältnisse, in denen sie sich bewegten, es not¬ 
wendig so mit sich brachten. Es ist aber gewiß, daß es auch sehr wohl¬ 
habende Bauern gab, und daß dieser Umstand den Neid der herrschenden 
Stände herausforderte, zugleich aber die Furcht erweckte, der niedergedrückte 
Stand möchte sie einst erheben und sich an seinen Drängern rächen, — eine
	        
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