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besuchteste Ort war indeß der Markt. Hier wurden oft die Volks¬
versammlungen gehalten; hier war der Palast des Senats und der
Gerichtshof der Archonten (Staatsverweser), und ringsum war der
Platz umgeben mit Kramläden, Salbenbuden, Goldschmiedswerkstätten,
Barbierstuben u. s. w., wo es immer voll von Neugierigen und
Müßigen war. Viele Bürger, welche außerhalb der Stadt Ländereien
besaßen, ritten früh hinaus, ertheilten den Sklaven ihre Befehle,
und kamen gewöhnlich erst spät Abends wieder nach der Stadt.
Jagd und gymnastische Uebungen beschäftigten gleichfalls. Viele. Das
Bad setzten die Griechen keinen Tag aus; gewöhnlich badete man
vor der Mahlzeit. Reiche hatten die Bäder in ihren Wohnungen,
Aermere gingen an öffentliche Badehäuser, wo sie im Winter zu¬
gleich einen Zufluchtsort gegen die Kälte fanden.
Betrachten wir jetzt die Kleidung der Athener. Die meisten
Bewohner trugen ein kurzes Unterkleid, und darüber einen Mantel,
der fast den ganzen Körper bedeckte. Gewöhnlich war er ungefärbt,
und wurde, wenn er schmutzig geworden war, wieder geweißt; die
Reichen zogen indeß gefärbte Zeuge vor. Am gewöhnlichsten waren
wollene Gewänder, doch wurden auch leinene getragen, besonders
von Frauen. Auf eine geschickte, faltenreiche und malerische Um-
werfung des Mantels legten die Griechen einen hohen Werth; der
Mangel dieser Kunst galt für ein Zeichen bäuerischer Sitten und
schlechter Lebensart. Es kam vorzüglich darauf an, den Mantel
geschickt über die linke Schulter zu werfen, und dadurch so viel vom
Tuche desselben hinaufzubringen, daß er weder vorn noch hinten
schleppte. Besonders ward auf die schöne Haltung des Ueberwurfs
beim Redner gesehen.
Die Athenerinnen trugen über dem Untergewande einen kürzern
Rock, beide unten mit farbigen Streifen oder Bändern versehen, und
darüber einen Mantel. Beide Geschlechter machten einen mannich-
faltigen Gebrauch von Salben, und mit den theuren asiatischen Wohl¬
gerüchen ward ein großer Aufwand getrieben. Gelber Puder, Schwärze
für die Augenbrauen, weiße und rothe Schminke, prächtige Ohrge¬
hänge, Halsbänder, Ringe, Armbänder, Gold, Edelsteine und Perlen
— alles dieses wurde von den Athenerinnen zum Schmucke ausgeboten.
Gewöhnlich ging man in Athen zu Fuß; indeß bedienten sich die
Reichen auch der Wagen oder Sänften, oder sie hatten einen Sklaven
mit zusammengelegtem Sessel hinter sich hergehen, um sich auf dem
Markte oder sonst wo setzen zu können. Die Männer pflegten einen
Stock in der Hand, die Frauen einen Sonnenschirm zu tragen.
Nachts ließ man sich von einem Sklaven mit einer Fackel vorleuchten.
_ Die Pracht und Herrlichkeit der schönen Baukunst war in den
besten Zeiten Athen's nur in Tempeln und öffentlichen Gebäuden zu
finden; die Privathäuser waren großentheils klein und unansehnlich,
die Straßen krumm und eng. Das Innere der Wohnungen schmückten
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